Zauberhaftes Apulien - Entdeckungsfahrt zu den schönsten Orten der süditalienischen Sonnenregion
Jänner 2022
Irgendwann möchte ich die Trullis sehen. Das war der Planungsbeginn unserer Reise.
Ich stell mir diese Zipfelmützenhäuser so witzig vor. Alberobello, so heißt die fantasievolle Stadt mit den weißen Rundhäusern und ihren kegelartigen Dächern, reizt mich schon länger.
Auto? Flug? Organisiert? Alleine?
Wir erkundigen uns.
Was? Bari, Lecce, Alberobello, Castel del Monte, … in einer Woche mit dem Auto?! Das könnt ihr vergessen, schafft ihr nie. Ihr könnt zu manchen Highlights gar nicht zufahren und mit den Öffis seid ihr aufgeschmissen. Das haben wir mehrmals gehört und ich bin ganz froh drüber, weil ich ja eh nicht gerne mit dem Auto fahre.
Eine neue Herausforderung für Ewald. Gibt es einen Anbieter, der unsere Wünsche kompakt und trotzdem individuell anbietet? Ich brauche natürlich meine Freiräume und keinesfalls will ich mich mit einem Audiogerät beschäftigen müssen bzw. belasten.
Angebote gibt es viele, aber die Nase vorne hat für uns wieder Prima Reisen. Mit diesem Veranstalter haben wir gute Erfahrungen (z.B. Lappland) gemacht, ich habe meine Individualität, das Programm ist super und flexibel, alles gut.
In Gedanken sehe ich schon Küsten mit wunderschönen Stränden, türkises Wasser, herrliche Landschaften, vielfältig und abwechslungsreich. Ich freue mich auch auf interessante Sehenswürdigkeiten und charmante Hafenstädte. Irgendwo im Hafen ein kleines Ristorante, frische Pasta mit Tomaten, Kapern und Oliven, Espresso danach … meine Vorstellung galoppiert dahein. In Apulien kann ich meinen Genuss-Sinn ganz sicher richtig ausleben. Mmmmh!
Begleite uns, wird sicher spannend.
Italia, stiamo arrivando e non vediamo l'ora di trascorrere una vacanza meravigliosa
Italien, wir kommen und wir können es kaum erwarten, einen wunderschönen Urlaub zu verbringen - oder so ;-)
28. Mai 2022
Klimaticket habe ich, Sitzplätze im Zug sind reserviert, gleich geht's im ersten Schritt nach Wien und morgen in der Früh heben wir ab nach Bari. Herrlich! Wir freuen uns.
Und morgen sitze ich schon am Meer. Saluti!
Ein Taxi brauchen wir keins, die 400 m bis zur Straßenbahn schaffen wir auch mit dem Koffer. Ich konnte Ewald tatsächlich von der klimafreundlichen Fahrt zum Bahnhof und weiter zum Flughafen Wien, überzeugen.
Danke, das ist nett. Ein unbekannter Jogger überholt uns auf dem Weg zur Bim und wünscht uns einen schönen Urlaub. Wirklich sympathisch diese Oberösterreicher.
Super, in 4 Min kommt die nächste Straßenbahn, das geht sich alles bestens aus. Nein, das darf jetzt aber nicht wahr sein?! Schienenersatzverkehr ab Sonnensteingasse. Grrr. Nochmals nein, das tun wir uns mit dem Gepäck nicht an und rufen jetzt doch ein Taxi für die Fahrt zum Bahnhof.
Überpünktlich sind wir am Bahnsteig und auch den Flughafen erreichen wir planmäßig, checken gleich das Gepäck ein und wollen irgendwo noch ein Getränk nehmen. Naja, irgendwo ist nicht ganz richtig, das neue Lokal von Wolfgang Puck möchte ich mir schon gern ansehen. Ich schau mich um und kann es gar nicht sofort finden, aber Ewald entdeckt schnell die dezenten Initialien WP über dem Eingang von Wolfgang Puck Kitchen + Bar.
Ich habe mir das Lokal nicht so groß vorgestellt, große Bar, geschlossene Regale gefüllt mit Speisen zum Mitnehmen und, großzügig rechts und links Bereiche mit Tischen und bequemen Stühlen und im hinteren Bereich die verglaste Schauküche mit Pizzaofen, insgesamt über 700 m². Aha, hier wird also die berühmte Puck-Pizza Smoked Salmon Pizza mit Kaviar gebacken.
Gläser und anderes Barequipment ordentlich gruppiert, blank poliert, schaut alles sehr professionell aus. Das Team, vorwiegend junge Boys, mehr cool als dynamisch, mit Defiziten in der österreichischen Sprache und im österreichischen Charme, versuchen trotzdem das Beste im Sinne der Gäste. Wir bestellen 2 kleine Bier und die Speisekarte. Ewald entscheidet sich für Tuna Tartar, das in Form von 2 Cones serviert wird und ihm sehr gut schmeckt. Ich bin unschlüssig. Diese Spezialpizza würde mich reizen, aber ich mit meinen Sonderwünschen (keine Dillcreme, keinen Käse) bin mir nicht sicher, ob die mich und meine Bestellung verstehen bzw. ob diese spezielle Kreation ohne die Creme auch funktionieren kann. Ja, es ist dekadent, aber ich nutze die Chance und bestelle Pizza mit Zwiebel, Räucherlachs und Keta Kaviar, auf die Extraportion Black Imperial Kaviar verzichte ich. Ich muss ja nicht übertreiben ;-)
Von meinem Platz an der Bar kann ich dem Pizzabäcker beim Zubereiten meiner Pizza zusehen und schneller als gedacht wird sie serviert. Toll schaut sie aus und mmmmh, sie schmeckt richtig richtig gut. So kann der Urlaub weitergehen.
Aber jetzt wird’s Zeit für einen ruhigen Abend im Hotel. Wake-up-call ist für 4 Uhr Früh bestellt. Gute Nacht.
Snacks und Snakes
29. Mai 2022
Who can say when the roads meet?… only time. So schön dieser Song auch ist, um 3:50 Uhr bleibt er schlichtweg nur die Weckermelodie aus dem Handy. Zum Glück bin ich Frühaufsteherin und komme leicht aus dem Bett. Kurze Morgenroutine und um 4:30 Uhr sind wir schon beim Check-In. Schon so ein Gewusel am Flughafen, damit habe ich nicht gerechnet. Komische Atmosphäre, alle Shops, alle Möglichkeiten für Frühstück, alles hinter Gitter, nur da und dort eine beleuchtete Ecke mit einem Getränkeautomaten. Zum Glück habe ich gestern schon unsere traditionellen Mozartkugeln gekauft.
Punkt 5 Uhr gehen bei den Coffee-Shops die Lichter an und wir nehmen ein kleines Frühstück im Aida. Heute only cash, Bankomat kaputt, die Gäste ziehen scharenweise enttäuscht weiter. Schade für beide Seiten.
F9, Boarding um 6:10 Uhr.
Mit leichter Verspätung starten wir Richtung Italien. Der Flug ist angenehm, überraschenderweise werden Snacks (leider mit Käse) und Getränke serviert und nach 1 Std. 10 Minuten sollten wir schon in Bari landen. Cabin crew, please take your seats and prepare for landing. Das Fahrwerk wird ausgefahren, wir tauchen durch die Wolken, sehen die ersten Olivenbäume und plötzlich starten die Maschine erneut durch. Was ist das jetzt? frage wahrscheinlich nicht nur ich mich und da kommt auch schon die Erklärung des Piloten über den Lautsprecher. Sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben sicher alle bemerkt, dass wir den Landevorgang abbrechen und neu durchstarten mussten. Grund dafür ist eine Schlange, die die für uns vorgesehen Landepiste blockiert. Staunen und leichtes Gelächter machen sich breit. Na gut, drehen wir halt eine Runde extra. 20 Min später sind wir gut gelandet, die Schlange hoffentlich in Sicherheit, die Tierschützer happy und wir auch.
Schnell kommen die Koffer, ist ja auch nicht viel los am Flughafen Bari, und die Gruppe ist komplett. 32 Gäste statt der besprochenen 30. Tja, das kann man akzeptieren. Weit weniger Freude macht, dass die örtliche Agentur die Urlauber von 3 total unterschiedlichen Anbietern zusammenfasst und in einem Bus mit einem Programm steckt. Grummel geht durch die Reihen. Dazu stellen sich Fragen wie z.B. Wo ist mein Sitz? Warum ist mein voraus gebuchter Platz belegt?
Bei der Buchung wurden wir nach unseren Wunschplätzen gefragt, wir haben die angegeben und die wurden auch bestätigt. Vor Ort zeigen sich allerdings erste Probleme, die Reihen sind nicht klar beschriftet und und und. Wir nehmen unsere gebuchten Plätze ein und werden zu stillen Beobachtern. Ist lustig!
Conny stellt sich als unsere Reiseleiterin für die nächsten Tage vor und gibt erste Infos – die Fahrt zum Hotel im Großraum Monopoli dauert ca. 1 Stunde, Mineralwasser und Kaffee gibt es jeweils um EUR 1,- im Bus (sie beginnt auch gleich mit dem Verkauf) und in Italien gilt in Bussen noch Maskenpflicht (ebenso in allen Öffis und in der Grotte Castellana). Die Strafe bei Nichteinhaltung trifft den Busfahrer in Höhe von EUR 500,-, aber so genau bräuchten wir das nicht zu nehmen, Maske am Kinn reicht und wenn eine Kontrolle kommen sollte, dann bitte rasch über Mund und Nase damit. Hm? Was sind das für komische Ansagen? Entweder es gilt Maskenpflicht oder nicht. Es gibt sowieso immer Leute, die die FFP2-Masken als Halsschmuck verwenden, da brauche ich nicht noch eine dahingehende Empfehlung aussprechen. Egal. Weiter Infos werden für die Zeit nach der Ankunft im Hotel angekündigt.
Mit 25 Grad im Schatten ist es ganz schön warm und auffallend ist die Trockenheit, die schon im Mai ein Problem darstellt, trotz Bewässerungsanlagen. Die vermeintliche Autobahn (die in Wahrheit nur eine gebührenfreie Staatsstraße ist, nur den Anschein einer Autobahn erweckt) ist phasenweise ziemlich kaputt, aber wir genießen die Aussicht, die Landschaft, die Olivenbaumhaine und auch, dass sich diese Eindrücke nicht hinter öden Lärmschutzwänden verbergen, sondern gut sichtbar sind und die Fahrt kurzweilig gestalten.
Super, da vorne geht’s schon zum Hotel. Die Zimmer sind natürlich um 10 Uhr noch nicht bezugsfertig, aber für die meisten Mitreisenden ist das eher sekundär, Hauptsache WLAN funktioniert. Ein paar Details zum Hotel, wobei das wichtigste sicher die Badehaubenpflicht im Hotelpool ist. Um EUR 1,- kann man an der Rezeption ein schickes Modell erwerben. Schönen Dank dafür, ich könnte jedoch gerne drauf verzichten.
Bis das Zimmer bereit ist, schlendern wir an der Felsküste entlang und sind uns einig, Badeurlaub möchten wir hier nicht machen, müssen wir ja auch nicht.
Im Strandcafe lernen wir durch Zufall ein Paar (mit Hund) aus den Niederlanden kennen. Wir tauschen Tipps über unsere Heimat aus und bekommen noch Empfehlungen für unsere Zeit in Monopoli. Eine nette Begegnung.
Kuppelartige Häuschen, eine Art moderne Trullis, sind im Halbkreis in einer Gartenanlange angeordnet und bieten jeweils Raum für 4 Gästewohneinheiten. Sie sind zweckmäßig ausgestattet mit Klimaanlage und erfreulicherweise früher zum Bezug fertig als gedacht.
Ab zum Strand, höchste Zeit, um das Resort zu erkunden. Viel los ist nicht, aber wir haben schon gehört, die Saison beginnt erst langsam, vor 2 Wochen war hier noch tote Hose, ab 15. Juni geht’s erst richtig los in Apulien. Sollte wir eine Taxifahrt unternehmen, sollten wir auch die Rückfahrt fixieren, derzeit werden solche Dienste nur spärlich angeboten und Taxistände sind leer, bekommen wir den gut gemeinten Tipp. Öffis verkehren hier auch erst mit Saisonbeginn. Umso besser, dass wir unseren Urlaub nicht darauf aufgebaut haben.
Das Meer ist mit ca. 21 Grad sehr erfrischend. Die beiden Außenpools (einer mit Süßwasser, der andere mit Salwasser befüllt) sind angenehm temperiert. Die kessen Badehauben (meine scheint für Kinder gemacht zu sein) machen Spaß, Eidechsen flitzen herum, verstecken sich im Mauerwerk. Schnell ist Schluss mit lustig, ein Gewitter zieht auf und fast gleichzeitig auch Rückenschmerzen.
Vor dem Abendessen noch ein Treffen mit Conny und der Gruppe. Was ist das für ein Schmarrn? Die Fakultativausflüge können nur als Gesamtpaket gebucht werden? Im Reisebüro haben wir ganz gegenteilige Infos bekommen. Das gefällt mir gar nicht. Wo bleibt meine Freizeit, meine Flexibilität? Ist Prima Reisen gar nicht mehr so prima? Darauf angesprochen rechtfertigt sich Conny, dass die örtliche Reiseagentur 1. Die Buchungen in der Art zusammengeführt hätte, 2. Den Ablauf geändert und 3. Den Beschluss gefasst hat, alle Ausflüge oder keiner. Na super. Meine Rückenschmerzen und das Essen passen optimal zu dieser Vorstellung. Positiv ist, und das ist viel wichtiger, Ewald hat einen Masseur im Hotel entdeckt und gleich für Montagabend einen Termin für mich vereinbart. Dankeschön.
Viele Infos, wenig Schlaf, ich freu mich auf das Bett und eine gute Nacht. Gespannt bin ich, was das alles noch wird.
Viele neue Eindrücke
30. Mai 2022
Gut schläft es sich im modernen Trulli und darüber bin ich sehr froh Das Frühstück fällt klein aus, ich bin noch nicht ganz vom Angebot begeistert.
Halb 9, wir starten vom Hotel aus Richtung Norden. In Trani ist unser erster Halt geplant, vorher erzählt Conny noch geschichtliche Details über Apulien, das noch immer sehr von Griechenland beeinflusst ist. Neben Oliven gibt es hier auch riesige Weintraubenkulturen. Ich habe mich auf der Fahrt zum Hotel schon gefragt, warum manche Weinstöcke unter Plastik wachsen und andere nicht. Jetzt habe ich die Antwort - Tafelweintrauben werden mit Folien bedeckt, Weinweintrauben bleiben ohne Schutz. Interessant und nachvollziehbar.
Auf den Feldern und zwischen den Olivenbäumen sehen wir immer wieder einzelne Trullis, die für landwirtschaftliche Zwecke als Lager oder Unterstand genutzt werden.
Es gibt hier kaum Flüsse oder Seen, das Karstgebiet ohne Oberflächenwasser wird daher vorwiegend mit Grundwasser versorgt.
Wir passieren Bari, die Hauptstadt Apuliens. Die Studentenstadt Bari hat ca.350.000 Einwohner + 50.000 Studenten und liegt komplett am Meer, sie ist eng mit dem Hl. Nikolaus verbunden und daher auch als Nikolausstadt bekannt.
Conny erzählt und erzählt, ihr eher schulischer Ton lässt mich aber manchmal gedanklich abschweifen und nur bei bestimmten Schlüsselwörtern bekommt sie erneut meine Aufmerksamkeit.
Sie erzählt von den 2 Meeren, von denen Apulien umspült wird, östlich von der Adria und im Westen vom Ionischen Meer, das besonders an die Karibik erinnert durch die wunderschöne türkise Farbe. Die Meere sind reich an Fischen und es ist hier Tradition, dass beim Sonntagsausflug am Strand z.B. frisch gefangene Miesmuscheln (Cozze) oder Tintenfische roh gegessen werden. Mahlzeit.
Mittlerweile sind wir fast in Trani angekommen. Was erwartet mich dort? Eine kleine elegante Stadt (ca. 56.000 Einwohner) mit malerischem Hafen, ein Hafenbecken, an dem Eiscafés, Restaurants und Bars zum Besuch einladen. Hauptattraktion in Trani ist die Doppelkirche Cattedrale San Nicola Pellegrino, majestätisch und mit ihrem ungewöhnlich hohen Turm von Weitem sichtbar, vom Land und auch vom Meer.
Wir schlendern gemütlich durch die Gassen, beobachten das geschäftige Treiben im Hafen und sind erstaunt, wie wenige Touristen zu dieser Zeit unterwegs sind. Trani ist auch bekannt für gutes Eis und da können wir nicht widerstehen. Ewald liebäugelt bereits mit einer Gelateria am Hafencorso und, nachdem fast alle Restaurants noch geschlossen haben bzw. später erst öffnen, haben wir kaum Alternativen. Köstlich, weiße Schokolade für Ewald, ich nehme Erdbeere.
Wir treffen die Gruppe und sind erfreut über die Pünktlichkeit. Die Fahrt kann weitergehen und sie führt uns noch weiter nördlich durch Olivenhaine und Obstplantagen, da und dort finden sich Trullis zwischen den Bäumen, die letzten und nördlichsten Trullis überhaupt und hie und da taucht am Horizont eine Erhebung mit Burg auf.
45 Min Autominuten von Trani entfernt erreichen wir den Parkplatz, von dem aus wir nur noch mit einem Shuttlebus oder zu Fuß weiterkommen und endlich stehen wir am Fuße des berühmten Castel del Monte, der imposanten Burg auf einem Hügel der Hochebene Nationalpark Alta Murgia. Das Castel liegt 16 km von der Stadt Andria entfernt und gehört seit 1996 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Burg präsentiert sich leer und daher wird vermutet, dass sie nie fertiggestellt wurde. Über den Zweck, die Form, die damit verbundene Zahl 8 und über weitere Details wird viel spekuliert, Klarheit gibt es leider keine. Kaiser Friedrich II von Hohenstaufen war es, der das Castel del Monte, die steinerne Krone Apuliens, zwischen 1240 und 1250 erbauen ließ.
So interessant und schön der Tag auch war, jetzt freue ich mich auf die Massage im Hotel.
Uiui, die Masseurin hat ganz schön intensiv an mir gearbeitet und ich hoffe, dass die nächsten Tage die ersehnte Schmerzlinderung bringen. Ist schon irgendwie ungerecht, ein paar blöde Bewegungen und schon war das Rückenchaos perfekt.
Abendessen im Hotel ist wie das Frühstück … meine Leidenschaft dafür wird einfach nicht geweckt, noch dazu – Corona geschuldet – mit Platzzuweisung der Gruppe in die entfernteste Ecke des schmucklosen Restaurants. Das kann leider auch die Sängerin mit ihre Livemusik nicht aufwerten, eher das Gegenteil ist der Fall. Sehr schade.
Das Essen ist schmackhaft und bekömmlich, was will ich mehr, einfach abhaken und Vorfreude auf den morgigen Tag starten. Wir fahren zu den Trullis. Juhu!
Noch eine Info zu den Felsen am Strand. Warum diese Schichten? Es schaut auch nicht wirklich historisch aus, hm?! Dafür gibt eine einfache Erklärung. Das Gelände mit dieser Art und Form von Steinen war ein ehemaliger Steinbruch. Jetzt ist alles geklärt.
Alles Käse oder was?
31. Mai 2022
Es ist kurz nach 5 Uhr Früh, mein Rücken fühlt sich an, als hätte ich stundenlang im Fitnessstudio trainiert, aber andererseits viel viel besser. Adrinna vom SPA hat schon gewusst was zu tun ist. Dankeschön.
Die wiedererlangte Beweglichkeit lässt mich aus dem Bett schlüpfen. Ich hab das Gefühl, ich versäume was, der Tag beginnt ohne mich.
Der Sonnenaufgang hat leider eh schon ohne mich stattgefunden, sonst wird nicht viel los sein draußen, Badeschlapfen und Nachtshirt reichen für den kurzen Weg zum Meer. Ich mag diese Stimmung. Keine Menschenseele unterwegs, am Meer einige Fischerboote und dort kommt zwischen den Gästetrullis ein Asiate zum Vorschein. Auch er wähnt sich allein, steuert schnurstracks zum Meer, Jogginganzug runter und rein ins Wasser.
Mit Elan gehe ich zum Frühstück und meine Energie wird dadurch wieder leicht gebremst. Bedientes Buffet, wer braucht das schon?
Um 9 Uhr beginnt das Tagesprogramm und 30 Min später sind wir bei der Mozzarella-Käserei. Eine Besichtigung mit Verkostung ist vereinbart, das heißt Freizeit für mich. Hurra!
Ich spaziere währenddessen durch den Ort, entdecke erste Trullis und bin happy.
Ewald macht die kleine Käse-Exkursion mit und stellt fest, dass er kaum Unterschiede merkt zwischen dem Büffelmozarella und dem viel milderen Mozarella, der hier aus Kuhmilch erzeugt wird. Naja, mir ist das eigentlich egal.
Ui, der Busfahrer hat leider die falsche Abzweigung erwischt und wir kommen in ein Schulviertel. Ab nächster Woche beginnen in Apulien 3 Monate Sommerferien. Jetzt erklärt sich, warum wir zwar wenige Touristen sehen, dafür zahlreiche Schulklassen. Wie auch bei uns, wird in den letzten Tagen vor den Ferien die Zeit mit Ausflügen und Landschulwochen verbracht. Ist lustig, die Schüler hier zu sehen, sie tragen ab dem Kindergarten Kittelschürzen als Schuluniform.
Kinder verlassen hier übrigens erst nach der Hochzeit ihr Elternhaus. Bis dahin werden auch eventuelle Einkünfte daheim abgegeben – Gehalt gegen Taschengeld. Dafür trägt die Familie auch die Lebenserhaltungskosten und spart für die Hochzeit. Wem gehörst du? ist daher in Apulien eine entscheidende Frage, die Antwort kann sehr aufschlussreich und vielsagend sein.
Wir sehen sie schon aus der Ferne, Ostuni, die weiße Stadt. In früheren Zeiten wurden die Häuser wegen des Sonnenlichts und der Pest gekalkt, heute werden sie gekalkt, damit es ein einheitliches Gesamtbild ergibt.
Im Zentrum erwartet uns ein Gewirr aus steilen engen Straßen und Gassen, deren Oberflächen teilweise sehr glatt sind. Ich möchte nicht wissen, wie rutschig das im Regen wird. Dazwischen gedeihen Bougainvilleas in den kräftigsten Farben, Palmen und Kakteen – es sieht wunderschön aus.
Am Weg zur Kathedrale werden wir von Tuk-Tuks überholt, die die Besucher in einer ca. 30minütigen Tour durch das antike Dorf führen. Sehr sympathisch, dieses Ostuni. 35 Grad im Schatten, wir brauchen dringend ein kühles Getränk und gönnen uns einen kleinen Espresso mit Vanilleeis (nein, hier heißt das nicht Affogato), Wasser und heute auch mal ein Glas Prosecco. Die Qualität ist nicht besonders und der Service, dazu sage ich besser nichts. Schade.
Ostuni wird auch Königin der Oliven genannt und rund um die Stadt sehen wir einzigartige Olivenplantagen. Die Olivenhaine im südlichen Apulien waren früher ein Zeichen des kulturellen Wohlstandes der Region, damals gab es ca. 80 Millionen Olivenbäume, heute sind es nur noch ca. 65 Millionen. Grund für diese Entwicklung ist ein eingeschlepptes Bakterium, das die Olivenbäume zerstört. Xylella fastidiosa breitet sich ungebremst aus und dagegen sind die Bäume leider machtlos.
Sobald die Bäume bestimmte Bedingungen erfüllen (Ausmaß der Baumkrone, des Stammes, Alter des Baumes, …), stehen sie sogar unter Denkmalschutz, aber die Schädlinge lassen sich dadurch leider nicht beeindrucken. Trotzdem sehen wir viele knorrige und sehr sehr alte Bäume, die in mühsamer Handarbeit mit Netzen und Rechen vom Spätherbst bis ca. April geerntet werden. Ich liebe diese Bäume, leider bin ich in der Pflege aggressiver als jedes Bakterium.
Die italienische Regierung reagiert laut der Betroffenen nur schleppend auf das Sterben der Olivenbäume.
Auch im Kampf gegen die Müllberge kommt die italienische Regierung stark unter Druck. Conny erklärt uns, dass es Müllabfuhr nur im städtischen Bereich gibt, die Leute vom Umland sind im Stich gelassen, bringen die vollen Müllsäcke in die Stadt, legen diese illegal z.B. in Haltebuchten und Straßengräben ab und dort liegen sie, zerreißen mit der Zeit und so weiter. Ein großes Problem, das nur schwer lösbar ist. Kameras überwachen bereits beliebte Ablagestellen, trotzdem stellen sich Verbesserungen nur ganz langsam ein.
Ein weiteres Problem in Apulien ist die Arbeitslosigkeit, die z.B. in Bari 60 % beträgt, dazu der Arbeitskräftemangel, während die Schwarzarbeit blüht. Auch das ist zum Teil Corona geschuldet. Nach der Pandemie ist die staatliche Unterstützung zum Teil höher als der frühere Verdienst. Da darf sich keiner wundern.
Jetzt wird’s wieder erfreulicher, wir nähern uns Alberobello, der einzigen Trullistadt weltweit und ich freu mich sehr drauf. Die Trullis neben der Straße werden immer mehr, ebenso das Klicken der Kameras im Bus. Endlich sind wir da und es gibt für jeden ausreichend unterschiedlich Motive. In Summe gibt es 1400 Trullis in Alberobello, 400 alte und 1000 neue Rundhäuser aus Kalkstein mit kegelförmigen Dächern, früher sogar gänzlich ohne Mörtel in Trockenbauweise errichtet, eine architektonische Besonderheit. Die unterschiedlichen Formen auf der Kegelspitze sind Statussymbole und haben keine besondere Bedeutung.
Angeordnet auf 2 Hügeln, schauen sie aus wie Schlumpfhäuser und wir alle sind fasziniert, aber Ewald spricht wenig später das aus, was ich mir auch schon gedacht habe. Nachdem die erste Faszination vorbei ist, werden die immer gleichen Häuser etwas langweilig und die Kamera hat Pause.
Conny hat schon im Vorfeld erzählt, warum es zum Bau dieser schnuckeligen Schlumpfhäuser gekommen ist und ich sag hier nur so viel – die Idee wurde aus einer Not heraus geboren und hatte in erster Linie steuerliche Gründe.
Wir spazieren in schmalen Gässchen Hügel rauf, Hügel runter, Hügel rauf, zwischen den Trullis bis zur Kirche Iglesia de San Antonio de Padua, die auch im Trullostil errichtet wurde.
Die Trulli von Alberobello wurden 1996 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.
Aber wie gesagt, langsam werden sie uns langweilig, wir haben ein Trullo innen besichtigt, wir wollten ein paar Mitbringsel kaufen, aber scheinbar gibt es überall nur Kitsch und Ramsch, damit machen wir niemanden Freude, unterschiedlich sind nur die Preise. Also suchen wir uns ein Kaffeehaus und probieren Pasticciotto, eine für Apulien typisch süße Leckerei. Die kleinen Mürbteigschiffchen werden mit unterschiedlichen Cremen gefüllt und warm serviert. Ich bestelle die kleine Köstlichkeit mit Kirsche und das schmeckt sehr gut, ist eine Sünde wert.
Zeit für die Rückfahrt. Ein schöner abwechslungsreicher Tag mit viel Tagesfreizeit (juhu) geht zu Ende. Ein Glas Prosecco am Pool und Pasta Vongole zum Abendessen. Urlaub ist schön. Danke.
Strand, Kultur? – Zuckerl!
1. Juni 2022
Ja, wir haben das gesamte Ausflugspaket jetzt doch gebucht, anders ging es nicht und die Möglichkeiten außerhalb der Saison sind überschaubar. Wir wollen ja so viel wie möglich sehen (Conny nennt das Fakultativprogramm Zuckerl), trotzdem wäre ein halber Tag am Strand auch ganz schön gewesen, aber alles gut, wir freuen uns auf den Tag.
Die Fahrt nach Brindisi dauert ca. 1 Stunde. Die Schnellstraße ist gesäumt von rosa- und weißblühenden Oleanderbüschen, auch gelben Ginster sieht man immer wieder. Schön schaut das aus. Ansonsten tut sich nicht viel, wir fahren durch dünn besiedelte Ebenen, wenig Abwechslung.
Auch von Brindisi (88.000 Einwohner) erwarte ich nicht allzu viel. Der Naturhafen war der wichtigste Hafen für das Römische Reich und im Mittelalter auch für Kreuzfahrer interessant.
Industriegebiet, dann Teile der Stadtmauer und schon sind wir am Hafen. Von hier aus starten wir unseren Stadtspaziergang. Es ist auffällig sauber auf der großzügig angelegten Hafenpromenade.
Über eine breite Treppe mit 2 römische Säulen (nur mehr eine davon ist vollständig erhalten) gelangen wir in die Altstadt und besuchen die Kathedrale, in dem gerade eine Hochzeit vorbereitet wird. Durch ein Erdbeben wurde die Kathedrale 1743 schwer beschädigt, rasch wieder aufgebaut und mehrmals restauriert.
Naja, viel ist im Zentrum sonst nicht zu sehen, wir schlendern durch die engen Gassen, springen auf den ca. 30 cm breiten Gehsteig, sobald sich ein Auto vorsichtig den Weg durch die Stadt bahnt, viel Platz ist hier nicht.
Das bringt nichts, interessante Sehenswürdigkeiten sind entweder geschlossen, im Bau befindlich oder von Schulklassen überrannt. Am schönsten war es im Hafen und dorthin kehren wir jetzt auch zurück, spazieren bis zum Castello Svevo di Brindisi, bewundern das Monument auf der gegenüberliegenden Hafenseite, ein Ehrenmal für den italienischen Seemann, genießen den leichten Wind am Wasser. Eine kleine Erfrischung würde jetzt gut passen, dabei dem Hafentreiben zuschauen, schöne Idee. Tja, diese Idee lässt sich leider nicht umsetzen, außer einem Lokal sind alle geschlossen und das eine Café-Restaurant macht schon durch die grantig wirkenden Mitarbeiter keinen sympathischen Eindruck. Kann man nichts machen, dafür gibt’s im Bus Getränke, wir müssen nicht verdursten. Wir erleben hier genau das, was Conny, unsere Reiseleiterin, die 2003 von Bayern nach Apulien ausgewandert ist, uns schon erzählt hat. Der Tourismus ist noch ein Stiefkind in Apulien, er steckt in den Kinderschuhen, das Potential dafür ist aber groß.
Ich bin gespannt, wie wir die nächste Stadt erleben. Polignano a Mare, die Stadt, in der Red Bull jährlich ein Klippenspringen veranstaltet, in der sich Amerikaner besonders wohlfühlen, und von denen vorwiegend die Kalifornier, Polignano a Mare ist auch die Stadt, in der der Kultsong Volare entstanden ist. Conny spielt das Lied im Bus, einige nette Menschen aus unserer Gruppe (bei den Fakultativausflügen sind wir ein paar weniger) halten sich die Ohren zu, es müsste beides nicht sein.
Die reizende Kleinstadt gehört in jedem Fall zu den interessantesten Orten der Region mit dem Motto Langeweile? Nein, Spaß? Ja!! Der Bus lässt uns außerhalb der Stadt kurz aussteigen, parken ist ein Problem, erstens sind die Parkgebühren unverschämt hoch (in Alberobello EUR 50,-/30 Min./Bus) und zweitens hat die großzügig gebaute Parkfläche in Polignano a Mare zusätzlich ein ganz anderes Problem, die Fläche wird vom Meer unterspült und das kann richtig gefährlich werden. Ein Parkverbot ist die logische Konsequenz, halten ist – noch – erlaubt.
Wir gehen die Klippen entlang in die Altstadt, bzw. wir werden ein bisschen durch die Menge getrieben und zum Entdecken und Fotografieren gibt es kaum Gelegenheit, trotzdem, das muss jetzt sein, für ein paar Schnappschüsse der malerischen Häuserfront über den Klippen muss Zeit sein. Das Zentrum pulsiert, viele Besucher, dazu kommt, dass Mittwoch scheinbar der perfekte Tag zum Heiraten ist, auch hier will eine große Hochzeitsgesellschaft Raum für einen perfekten Tag haben, alles nicht so einfach. Die Stadt ist voll und ich kann Conny verstehen, sie will, dass wir so rasch als möglich in der Nähe der Highlights kommen, dafür will sie uns so viel freie Zeit wie möglich verschaffen, in der wir die Stadt alleine entdecken können.
So, wir sind durch den Marchesale-Bogen oder auch Porta Grande, der das neue Dorf vom alten trennt. Das Labyrinth der Stadt liegt hinter uns. Schade, ich hätte hier gerne mehr Zeit verbracht. Ja, es ist wie immer, alles hat 2 Seiten, auch eine geführte Tour, einerseits sieht man mehr und bekommt gute Tipps, andererseits bin ich fremdbestimmt.
Keine Zeit zum lange Nachdenken, wir wollen direkt weiter zu den Klippen und ich habe schon Vorstellungen im Kopf. Super, das ist ein spektakulärer Ort, unter den Klippen gleich der Badestrand mit Kies und Badegästen, die relativ wenig Platz für sich haben, die das aber scheinbar alles recht lustig finden. Gibt es da nichts anderes? Für mich wäre das kein Ort für einen relaxten Badetag.
Nein, durch die Altstadt möchte ich nicht mehr, dafür finden wir in der Via Roma nette Shops und kleine Restaurants und jetzt ist endlich Zeit und Gelegenheit für eine kleine gemütliche Pause, Italien fühlen und gut gehen lassen. Hunger habe ich keinen, aber wäre es nicht schade, wenn ich den gegrillten Tintenfisch, den wir in der Karte entdeckt haben, nicht probiere. Genau, das mache ich jetzt, die Verführung war einfach zu groß. Ich wandle das Gericht bei der Bestellung nach meinen Wünschen ab, habe dafür vollstes Verständnis vom Restaurantchefs und jetzt freue ich mich drauf, Hunger kommt auch langsam.
Ich bin mehr als beeindruckt. Ein ganzer Tintenfisch liegt vor mir auf dem Teller. Kann ich wirklich alles davon essen? Jaja, alles ist essbar, gibt mir der Kellner zu verstehen. Mmmh, so köstlich, aber auch sehr sättigend.
Ich finde, wir haben die Zeit in Polignano a Mare perfekt genutzt und machen uns mit der Gruppe auf dem Weg retour zum Bus. Abendessen will ich heute keins mehr. Der Pulpo soll sich wohlfühlen in meinem Magen. Ob ich so einen guten Tintenfisch jemals wieder irgendwo bekomme? Hoffentlich!
Eigentlich will ich nicht, aber Alternative gibt es keine, vielleicht ist die Castellana Grotte spannender als gedacht. Wir haben auf unseren Reisen schon so viele schöne Grotten gesehen, ich habe daher keine großen Erwartungen und meine Vorstellung wird sich bestätigen.
Die Grotte ist oben offen und dieser geöffnete Raum ist der einzige, in dem Fotos gemacht werden dürfen, dann geht es mit einer deutschen Grotten-Mitarbeiterin 500 m ins Grottensystem, die Wege sind sehr schlecht beleuchtet, gegen die Rutschgefahr wurde zum Teil Linoleum verlegt, aber heller wird’s dadurch auch nicht. Ich habe tatsächlich zu tun, dass ich gut durch die engen Gänge komme und bin froh, als wir nach ca. 1 Stunde die Grotte wieder verlassen.
Die Durchschnittstemperatur im Innern liegt bei ca 16,5°C.
Gegen 17 Uhr sind wir zurück im Hotel und ich freu mich auf die Fotos, auf den Reisebericht, den ich fast zur Gänze schon im Bus fertig gemacht habe … und plötzlich ist er weg, unauffindbar in meinen Datenmengen. Auch die Suchfunktion kann mir nicht weiterhelfen. Kann man nichts machen, ich werde die Zeit nutzen, die ich sonst fürs Abendessen gebraucht hätte und alles nochmals formulieren und online stellen. Heute geht sich das leider nicht mehr aus. Ja, so ist das.
Xylella und andere troubles
2. Juni 2022
Heute ist Nationalfeiertag in Italien, es ist jetzt schon heiß und wir sind unterwegs nach Otranto, der östlichsten Stadt Italiens am äußersten Zipfel des italienischen Stiefelabsatzes. Albanien ist dort schon ganz nahe und nur noch durch die Meerenge Straße von Otranto von Italien getrennt.
2 Stunden Busfahrt liegen vor uns. Olivenbäume, Oleander, Ginster, es ist zum größten Teil die Strecke von gestern. Der Bus ist nur zur Hälfte besetzt und gut temperiert, angenehm.
Weites ebenes Land zieht an uns vorbei und Conny nutzt die Chance und beantwortet unsere Fragen zur Mafia. Diesen kriminellen Machenschaften wurde bereits in den 90er Jahren weitestgehend ein Riegel vorgeschoben und ist seither so gut wie kein Thema mehr, aber niemand weiß, was die Zukunft bringt. Apulien ist allgemein sehr sicher, auch die Kleinkriminalität ist nicht der Rede wert.
Anders verhält es sich mit dem Feuerbakterium Xylella fastidiosa, das vermutlich aus Lateinamerika stammt und 2013, als blinder Passagier auf Oleandersträuchern aus Costa Rica, nach Apulien gereist ist. Die Bedingungen in Süditalien sind durch die Hitze optimal für das Bakterium, dass durch Zikaden von Baum zu Baum gelangt und die Olivenbäume regelrecht verdursten lässt.
Xylella breitet sich vom Süden des Landes aus und zerstört dabei riesige Olivenbaumplantagen und somit leider auch zahlreiche Existenzen.
Bisher weiß man noch sehr wenig von diesem Bakterium und derzeit gibt es auch noch kein wirksames Mittel dagegen. Am effektivsten sind präventive Maßnahmen, die eine Einschleppung verhindern sollen. Interessant ist, dass neben Olivenbäumen mittlerweile mehr als 600 weitere Wirtspflanzen bekannt sind, darunter Oleander, Steinobst- und Zitrusbäume, die scheinbar nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen wurden. An der Universität für Bodenkultur Wien gibt es bereits Versuche, resistente Olivenpflanzen zu züchten. Dafür halte ich fest die Daumen und wünsche den Apuliern alles Gute. Hoffentlich können die Schädlinge bald gestoppt werden. Wir sind mittlerweile auf Höhe Brindisi und da geht’s los, grau statt grün.
Um Gottes Willen, das kann doch nicht alles Xylella gewesen sein? Wir sehen kilometerweit nur kahle Olivenbäume, riesige Landstriche schauen aus, als hätte ein Brand gewütet. Schrecken, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, all diese Gefühle kommen in mir hoch und ich merke, wie jeder im Bus entsetzt über diese furchtbare Seuche ist. Was kann ich tun? Hoffen, hoffen und nochmals das Allerbeste für alle, die davon betroffen sind, hoffen.
In dieser Stimmung fahren wir weiter nach Otranto und kurz davor überrascht uns ein Wetterphänomen, dichter Nebel fällt ein, so, als wäre eine Wolke vom Himmel gefallen. Ich finde diese mystische Stimmung einmalig und hoffe, dass sie noch eine Weile anhält.
Im Hafen sind die Boote kaum zu sehen, so dicht ist hier der Nebel.
Links davon eine Burg und ich frage mich, was soll ich dort? Auf Besichtigung habe ich momentan gar keine Lust. Na gut, was soll’s, ich steige die Treppe hoch und kann nur staunen. Ich bin nicht in einer Burg angekommen, sondern in der Stadt Otranto. Geschäftiges Treiben empfängt mich und ich sause hinter meiner Gruppe nach, bin etwas sauer, dass ich wieder nur am nächsten Punkt ankommen muss und den vielen kleinen Details in der Stadt keine Beachtung schenken darf, zumindest jetzt noch nicht, aber Freizeit wurde bereits in Aussicht gestellt.
Sind Sie schnell, sagt Conny, die Kirche schließt um 12 Uhr, und die andere um 13 Uhr (der Name ist nur mir entfallen) und und und.
Ewald ist zum Musterschüler mutiert, drängt mich zur Eile, weil ja die Kirche um 12 Uhr schließt. Ja und? Wir haben fast eine Stunde Zeit, was willst du so lange machen? Na gut, zuerst mache ich aber noch ein Nebelfoto über dem Hafen. Jaja, ich bin ja schon da.
Das ehemals kleine Fischerdorf zählt heute 5.500 Einwohner und kann eine ruhmreiche Geschichte erzählen und mit interessanten Sehenswürdigkeiten punkten.
Besonders sehenswert ist das gut erhaltene Bodenmosaik aus dem 12 Jh. in der Kathedrale Santa Maria Annunziata. Ja, ich kann es gut sehen, es findet zwar zeitgleich ein Hochzeitsgottesdienst statt, aber der Mittelgang mit dem Lebensbaum ist frei. Reliquien der 800 Märtyrer von Otranto befinden sich ebenfalls in der Kathedrale.
Trotz Feiertag haben die Geschäfte geöffnet und ich finde, es ist höchste Zeit, dass auch meine Wünsche für einen gelungenen Tag erfüllt werden und Zeit für einen Bummel ist. Vielleicht finde ich hier ein paar Mitbringsel? Was Schönes für mich? Also los.
Der Nebel lichtet sich langsam und gibt den Blick zum Badestrand frei. Na servus, wieder so eine Badegelegenheit, auf die ich gerne verzichten kann, dabei hat es die Reiseagentur so nett mit dem Angebot eines kurzen Badeaufenthaltes gemeint. Danke nein, so schön kann das Wasser gar nicht sein.
Der Feiertag lockt viele Menschen aus ihren Häusern, viele gehen an den Strand, viele flanieren über die Stadtpromenade und andere feiern Hochzeit. Wir sind gerade fertig mit unserer kleinen Pause, haben uns Prosciutto mit Melone und Mozarella mit Tomaten gegönnt, als die Vorbereitungen für die Hochzeitsgesellschaft beginnen. Da vorne kommt auch schon das Brautpaar und steuert direkt auf das Lokal zu. Schnell weg von hier. Gutes Timing!
Unseren Besuch in Otranto beschließen wir mit drei kleinen Einkaufstaschen und einer wunderbaren Aussicht auf die Stadt und das Meer von der Befestigungsburg Castello Aragonese.
War schön hier, hat mir gut gefallen.
Was soll ich in Lecce? Heiß ist mir, müde bin ich, aber es bleibt mir nichts anderes übrig und außerdem freut sich Ewald schon sehr auf diese Stadt, die auch Florenz des Südens genannt wird. Ich bündle meine Restenergie und trotte mit der Gruppe durch Lecce und bewundere den Lecceser Barockstil. 2015 war Lecce italienische Kulturhauptstadt.
Wir gehen vom Obelisk durch eines der Stadttore, nein, wir müssen seitlich vorbei gehen, sehen den Schutzpatron, ein privates Palais, die Kathedrale, dann gibt’s unter anderem auch die Kirche der Heiligen Irene (Chiesa di Sant'Irene), die würdigen wir ebenfalls und dann, ich denke, ich habe es gleich geschafft, kommt die Basilika Santa Croce, einer der größten Gebäudekomplexe von Lecce und gleichzeitig das bedeutendste Beispiel für den Lecceser Barock.
Und es geht noch weiter, Ewald spaziert wissbegierig neben Conny, während ich zurückfalle und mir überlege, mir einfach ein kühles Plätzchen zu suchen und auszuruhen. Nein, das kann ich nicht machen, ich schalte nur noch einen Gang zurück und folge der Gruppe in immer größer werdenden Abstand. Ich mag nicht mehr. Die Knie schmerzen, ich bin durstig und bin es leid, schon wieder zu hören, dass wir gleich fertig sind mit der Besichtigung. Scheinbar ist hier bei den Ausgrabungen wirklich die letzte Station des Rundganges erreicht. Fast eine Stunde Freizeit bleibt uns noch, ich schleppe mich ins nächste Kaffeehaus und rüttle meine Lebensgeister mit Cola Zero wieder etwas wach.
Erwähnenswert zu Lecce ist auch die traditionsreiche Cartapesta-Kunst, die Herstellung von Pappmachéfiguren aus Papier, Ton, Draht und Stoff. Wir haben Glück und sehen eine dieser Figuren vor einem Shop, geschickt von einem erfahrenen Künstler gezaubert.
Unsere Gruppe trifft nach und nach beim vereinbarten Treffpunkt ein. Hoppla, oje, eine Dame von uns hat ein bestimmtes Motiv Fotomotiv im Auge, geht zügig darauf los, stolpert über eine kleine schmiedeeiserne Umrandung, Blut über beide Beine, aber offenbar ist nichts gebrochen. Glück im Unglück. Erstversorgung und langsam zurück zum Bus.
Es ist bereits nach 18 Uhr, als wir im Hotel ankommen. Herrlich, endlich unter der Dusche. Ich raffe mich nur schwer auf zum Abendessen, aber als ich sehe, was heute alles geboten wird, bin ich froh. Das Buffet ist an einem der Pools aufgebaut, es wird gegrillt, Mozarellabällchen werden ganz frisch zubereitet, dazu kalte Fisch- und Gemüsegerichte, Livemusik, Mädchen tanzen für uns und und und.
Zum Abschluss noch ein Gläschen an der Bar und dann ausschlafen, morgen muss ich wieder fit sein und es wird jetzt täglich heißer und ich brauche mehr Energie, um mich zu motivieren.
Heute wirds ländlich
3. Juni 2022
Nach einer weiteren Tropennacht, die Eidechse flitzen schon in der Früh geschäftig auf den Wegen hin und her, gehts um 9 Uhr wieder los mit dem Ausflugsprogramm. Wir dürfen uns auf 33 Grad im Schatten einstellen und ich freu mich heute auf mehr Olivenbäume, weniger Kirchen und Steine.
Olivenbäume, Weinberge, Obstgärten, authentisches Land, hügelig und scheinbar überall hier natürliche Umgebung. Valle d’Itria heißt dieses Gebiet im Herzen Apuliens. Wir sehen Bauernhäuser und viele Trullis, insgesamt ca. 15.000 dieser charakteristischen weißen Häuser, die in dieser Gegend verstreut sind. Sie stehen alle unter Denkmalschutz, nicht nur in Alberobello, und das ist oft problematisch, z.B. beim Straßenbau.
Abgesehen von den Alltagsproblmen wirkt diese Region fast märchenhaft mit den weißen witzigen Häusern und die sind es auch, die den Reichtum im Tal darstellen. Die Trullis sind ein Gästemagnet, viele von ihnen, und auch so manche Bauernhäuser, wurden für den Tourismus adaptiert. Moderner Standard bei den Unterkünften und regionale Produkte sind derzeit Erfolgsgaranten.
Die Fahrt fasziniert mich und ich bin fast enttäuscht, als wir Locorotondo erreichen. Die Stadt ist kreisförmig angeordnet und gehört zu den schönsten Dörfern Italiens. Nein, das habe nicht ich so gesagt, für diesen Titel muss sich eine Stadt immer wieder bemühen, beweisen und bewerben. Ich kann aber sehr wohl bestätigen, dass Locorotondo ein zauberhafter Ort ist und diesen Titel zu Recht trägt.
Heute ist Markttag, Obst, Gemüse, Milchprodukte, das übliche halt, aber auch eine Art Second hand für Schuhe und Kleidung entdecke ich. Das Angebot ist riesig, die Stimmung gut und sehr gerne würde ich mich hier ins Getümmel schmeißen, aber, du ahnst es schon, ein Besuch in der Kirche hat Vorrang. Ewald sucht mich auch schon wieder, ich erkenne es an seinem Blick, dabei stehe ich fast neben ihm.
Wir statten der Basilika Madonna della Greca einen kurzen Besuch ab. Der Innenraum der kleinen Kirche ist relativ hell und die Atmosphäre empfinde ich persönlich sehr angenehm. Nein, nicht Verweilen, weiter führt uns unser Spaziergang über Treppen ins Zentrum. Von Conny gibt es noch einige wesentliche Infos und dann haben wir Freizeit.
Der Blick ins Land, hinein ins Itria-Tal ist fantastisch. Eigentlich sollte hier ein gemütliches Platzerl zum Tagträumen sein, aber ich will eh in die Stadt, in der jede Ecke liebevoll geschmückt ist. Ich habe über blühenden Blumen sogar einen Weihnachtsmann entdeckt. Sehr witzig.
Die Cummerse, die typischen Häuser mit dem schrägen Dach, begeistern mich, ebenso der Blumenschmuck und die Dekoideen allgemein. Männer in Anzügen? Was machen die hier? Ich sehe, wie einige Männer unweit von mir einen geschmückten Holzsarg ins Auto des Bestatters schieben und sofort läuft mir ein Schauer über den Rücken. Solche Begegnungen gehören halt auch zum Leben, nur jetzt nichts hinein interpretieren in dieses kurze zufällige Zusammentreffen.
Aber jetzt muss ich mich entscheiden, will ich die restliche Freizeit für den Markt verwenden oder diese wunderbare Stadt bei einem kleinen Espresso auf mich wirken und Seele baumeln lassen? Es wird die zweite Option und auf der Suche nach einem netten Plätzchen kommen wir mit 2 freundlichen Damen aus der Gruppe ins Gespräch und viel zu schnell müssen wir zurück zum Bus.
Leider, und das ist hier in Apulien schon ein kleines Problem, ist sich ein Besuch auf der Toilette nicht mehr ausgegangen. Immer wieder gibt es in den Lokalen nur ein WC, dass sich Frauen, Männer und beeinträchtigte Personen teilen müssen. Heute war ich auf Platz sechs in der Warteschlange und es wäre sich nie ausgegangen, dass ich pünktlich am Treffpunkt ankomme, also geduldig auf eine weitere Möglichkeit warten. Zum Glück ist ja nicht weit bis zum nächsten Stopp in Martina Franca, eine Stadt, in der wir die Zeit nach unserern Vorstellungen verbringen dürfen.
Wir bummeln durch das Tor Porta di Santo Stefano in die Altstadt und besuchen als erstes den Palazzo Ducale. Hier sehen wir komplett mit Fresken bemalte Räume, sehr stilvoll.
Oje, mein Knie will nicht mehr so richtig mitspielen, ich bewege mich daher nur langsam zwischen den alten Gemäuern, entdecke ein kleines Wiener Restaurant und warte auf der Piazza Maria Immacolata, während Ewald in der Basilika di San Martino in gewohnter Weise eine Kerze anzündet. Ich hätte schon Lust auf die Stadt, aber es muss nicht sein, Vernunft ist angebracht.
Vielleicht sollten wir uns ein herrlich cremiges Eis gönnen. Naja, so einfach ist es nicht, das Angebot an Lokalen, aber auch an Eissorten, überzeugt uns gerade nicht. Schade für mich, Fruchteis gibt es in Apulien eher wenig, eventuell Erdbeere, Amarena, vielleicht noch Zitrone, das wars dann schon, dagegen gibt es zahlreiche Schokosorten, weiße Schokolade, Stracciatella, Nutella, …
Da vorne am Platz sitzt Conny, ganz alleine. Die wird wisssen, wo es gut ist, meint Ewald. Danke, wir dürfen uns zu ihr setzen und haben ein angenehmes Gespräch über ihren Job, wie sie dazu gekommen ist, was uns beim heutigen Mittagessen erwartet, usw. Wir dürfen nämlich heute ein typisches Mittagessen erwarten, so wie es üblicherweise von der italienischen Mama oder Oma gekocht wird, mit 6 Vorspeisen, Pasta, Rouladen als Hauptspeise und Dessert. Freundlicherweise wird dabei auf meine Milchunverträglichkeit Rücksicht genommen, danke dafür.
Das ist aber ein schicker Hof. Wir werden bereits zum Mittagessen, das in einem ehemaligen Stallgebäude gereicht wird, erwartet. Ich freu mich, bin gespannt und hoffe, dass sich keiner der am Hof lebenden Hunde zu mir verirrt.
Rohwürste, Schinken und Käse, Bohnenpüree mit Chicorée, und und und ... und natürlich auch Pasta. Hm? Diese Form kenne ich nicht, aber Conny hat es schon gesagt - lange Nudeln, kurze Nudeln, breite Nudeln, hohle Nudeln, dünne Nudeln, glatt, rau, geriffelt, mit Hartweizengrieß, mit oder ohne Eier, es gibt so viele Sorten, dass jede Region ihre eigene Pastaform hat. Das wusste ich auch nicht – keine Meeresfrüchte mit kurzen Nudeln. Naja, mir wäre es egal, Hauptsache schmackhaft und bekömmlich, so wie das gesamte heutige Mittagessen. Vielen Dank, ich schätze frische selbstgemachte Gerichte ganz besonders.
Das was mir auch neu - Pizza wird vorwiegend zum Abendessen serviert. Ob ich da gut schlafen könnte?
Wir haben eine gute Zeit mit der Gruppe, erstmals kommen wir mit einzelnen Reiseteilnehmern ins Gespräch und dadurch entsteht eine recht angenehme Atmosphäre. Diese Gemeinsamkeit hätte ich mir am Anfang der Urlaubswoche gewünscht, am vorletzten Tag ist es fast zu spät dafür.
Gut gelaunt setzen wir das Tagesprogramm fort und lassen uns in der Ölmühle Il Frantolio vom Chef des Hauses die Herstellung von Olivenöl, die Anwendungsgebiete und weitere Details erklären. Sehr interessant. Derzeit ist es ruhig in der Mühle, die Ernte ist vorbei, die Mitarbeiter arbeiten am Feld und kümmern sich um die Bäume.
Vor dem Besuch im Shop noch eine kleine Verkostung (der Klassiker) und der Blick auf die Uhr überrascht mich. Es ist bereits 17 Uhr und Zeit für die Rückfahrt, aber nicht, bevor wir nicht alle ein Foto mit dem 1100 Jahre alten Olivenbaum, der knorrig am Firmengelände steht, gemacht haben.
Wieder geht ein schöner Tag zu Ende, aber heute verzichten wird nach dem ausgiebigen Mittagsmahl großzügig und freiwillig auf das Abendessen. Dafür haben wir ausreichend Zeit für die Zusammenfassung der Erlebnisse und Vorbereitungen für morgen. Ich weiß allerdings noch nicht, wie intensiv ich meine Knie belasten kann. Ich lass mich überraschen.
Padre Peppe, Nonnentittchen und mehr
4. Juni 2022
Ja super, 35 Grad im Schatten, wir holen das Maximum raus. Ich habe mich trotz Hitze heute gegen Pool und Meer entschieden, werde die Tour mitmachen, aber schweren Herzens auf die Führung durch die Sassi in Matera verzichten, den Knien zuliebe. Aber ja, kann man nichts machen.
Das Frühstück in Italien ist spärlich. Schnell ein Kaffee, dazu ein Croissant, in Italien heißt das Cornetto, mit Marmelade, Pudding- oder Schokocreme gefüllt oder ohne, Hauptsache süß. Das wars dann auch schon und wer mich schon länger begleitet, der weiß, wie sehr ich mich auf „großes Urlaubsfrühstück“ freue. Heute nehmen wir das letzte Frühstück in diesem Urlaub in Italien ein und ich freu mich schon auf meine Himbeeren, Haferflocken, … daheim.
Die erste Mahlzeit des Tages ist auch bei mit schnell erledigt und wir machen uns fertig für den Ausflug. Hier in Apulien gibt es die Brotstadt Altamura und die besuchen wir heute. Der Weg dorthin führt über Bari ins Landesinnere. Die leichte Bewölkung stört uns gar nicht, schwül bleibt es trotzdem.
Conny gestaltet die eineinhalbstündige Fahrt mit der Erzählung ihrer eigenen italienischen Hochzeitsgeschichte recht kurzweilig, erfüllt unsere Getränkewünsche und gibt gut gemeinte Tipps für den Tag ... und viel trinken und Kopf bedecken …
Wir nähern uns Altamura und ich freue mich auf die Brotstadt und diese Freude ist tatsächlich noch am letzten Ausflugstag
vorhanden. Altmura begrüßt uns mit viel Verkehr und einem süßlichen Geruch und ich frage mich, ob das vom Brot sein kann oder Honig?
Conny begleitet uns zur Kathedrale, zeigt uns, wo wir den für Altamura bekannten Schnaps, die Mehlspeise und die beste Bäckerei finden und dann sind wir wieder uns alleine überlassen.
Die Bäckerei ist ganz in der Nähe der Kathedrale, hat 2 Türen und am Boden gibt’s Kennzeichnungen in Pfeilform für Ein- und Ausgang. Oops, der gute Brotduft hat mich schon durch den Ausgang in die Bäckerei gelockt. Kein Drama! 2 Kunden werden gerade bedient, wir schauen uns um, sehen in der Mitte des Verkaufsraumes einen Tisch mit einem Teller, auf den Brotschnittchen mit Olivenöl angeboten werden.
Per favore, prendilo, werden wir zum Zugreifen von der Dame hinter dem Verkaufspult aufgefordert. Ja, das machen wir sehr gerne. Mmh, so gut und frisch, eh klar.
Conny hat von einem hutförmigen Festtagsbrot gesprochen, ein ganz spezielles Brot, das an Feiertagen oder auch Gästen serviert wird. Bin gespannt, ob ich das auch heute irgendwo sehen kann. Ah, das muss es sein. Im Brotregal entdecke ich Pane di Altamura, das Altamura-Brot, das im Unterschied zu vielen anderen Brotsorten in 5 Schritten hergestellt wird.
Interessant ist auch eine Verordnung aus dem 15. Jh., in dem Bürger daheim kein Brot backen durften. Die Rohlinge wurden daher mit Initialen versehen und dem Bäcker zum Fertigbacken gebracht.
Pane di Altamura war das erste Produkt in Europa, das seit 2003 mit dem DOP-Siegel der geografischen Herkunft in der Kategorie Brot und Backwaren geschützt ist. Knusprig und köstlich ist es angeblich, das Altmaura-Brot, aber ich bin nicht sicher, ob ich es zufällig gegessen habe, wir haben viele schmackhafte Brote serviert bekommen.
Irgendeine Spezialität will ich mitnehmen, aber was? schaue ich die Verkäuferin fragend an. Sofort bekomme ich Kostproben von kleinen, unterschiedlich schmeckenden Brotkringeln, die ich mir gut zu Wein oder Sekt vorstellen kann. 400 g, die übliche Menge der bereits vorbereiteten Säckchen, scheint mir zu viel zu sein. Die Verkäuferin bemerkt meinen Zweifel, ich versuche ihr meine Bedenken zu vermitteln, sie holt Plastikbeutel und schüttet Gebäck hinein. Ich sehe schon, sie hat mich nicht richtig verstanden. Flink legt sie die abgepackten Kringel auf die Waage – 600 g. Ich hab’s gewusst. Aha, ich will nur die Hälfte davon, also neues Sackerl, Menge halbieren … super, danke, alles perfekt. Mille grazie. Arrivederci. Ein gutes Beispiel für kundenorientierten Verkauf.
Altamura ist in meinen Augen wenig attraktiv, hat aber durchaus interessante Fakten und Details.
Nachdem Altamura im Mittelalter zerstört wurde, machte Friedrich II es zu einem multikulturellen Zentrum und zur Besiedelung wurden verschiedenste Volksgruppen eingeladen. Friedliches Zusammenleben zum Beispiel von Griechen, Juden, Arabern … war durch Bildung von Claustris möglich, ein Innenhof, eingeschlossen von mehreren Wohnhäusern, auf einer Seite zur Straße hin geöffnet, leicht zur Mitte abfallend zum Abfließen des Regenwassers, dazu Treppen, kleine Bögen und Terrassen, oft dekoriert mit Wappen, Masken, … Sie hatten eine defensive Funktion.
Der älteste Teil der Stadt ist innerhalb einer Stadtmauer geschlossen, dort befinden sich Bars, Restaurants, unterschiedlichste Läden und ich habe erstmals das Gefühl, dass ich in Apulien doch auch Städte mit Einkaufsmöglichkeiten finden kann.
Friedrich II ließ in ganz Apulien nur eine einzige Kirche bauen: die Kathedrale Santa Maria Assunta in Altamura, ein romanischer Bau mit 2 Türmen und aufwändiger Mauerwerksdekoration. Diese 1232 angeordnete Kirche war von der katholischen Kirche unabhängig und dem Kaiser unterstellt. Erst 1929 konnte der Papst einen Bischof von Altamura ernennen.
Mir reicht die Außenansicht, Ewald besichtigt die Kathedrale auch innen unter dem Motto, wenn ich eine Kirche von außen fotografiere, muss ich sie auch innen sehen – aha.
So, wo gibt es jetzt diesen Schnaps und die Nonnentittchen? Gleich links neben der Kathedrale, in einem älter wirkenden Café wird dieses flaumige Buskuitgebäck, gefüllt mit Creme, als Nonnentittchen oder Nonnenbrüste verkauft. Der Name kommt übrigens tatsächlich von einer Backkreation einer Nonne. Nachdem sich der Teig beim Backen aufgewölbt hat, hat sich ein Gast über die Form amüsiert, Oh, ein Nonnenbusen! Mmmh, diese Kalorien war es 100 %ig wert für mich.
Das Gebäck gibt es alternativ auch mit Schlagobers.
Zum Glück war Conny ebenfalls im Café anwesend und hat mir geholfen, den Likör Padre Peppe, hergestellt aus grünen Walnüssen und Gewürzen in Alkohol, zu finden und auch richtig zu bestellen. Ja, er schmeckt fast wie mein selbstgemachter Nusslikör, einfach köstlich.
Knieschonendes Programm ist das heute für mich und so setze ich das auch im nahe gelegenen Matera fort. Ungut warm und schwül ist es bereits seit der Früh, aber hier in Matera, Europäische Kulturhauptstadt 2019, machen die Wolken der Sonne Platz und es wird gnadenlos heiß. 35 Grad im Schatten und 47 Grad, lt. Anzeige an der Apotheke, in der Sonne. Puh!
Für den Besuch in Matera mussten wir Apulien verlassen und befinden uns jetzt auf einer felsigen Landzunge in der Region Basilicata. Der erste Eindruck ist nicht gerade einladend, aber ich merke schnell, was sich hier alles verbirgt, was Matera so besonders macht. Einmalig!
Schade, dass es so heiß ist. Unserer Freizeit verbringen wir mit einem kleinen Erkundungsspaziergang und einer kühlen Erfrischung, danach geht’s für Ewald mit einer Führung durch einen Komplex aus Höhlensiedlungen, die in eine Felswand geschlagen wurden, weiter. Die Lebensbedingungen in den sogenannten Sassi waren denkbar schlecht, daher ist die Räumung 1952 sehr verständlich. Die Sassi wurden 1993 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt und mit der Zeit restauriert. Die Besichtigung führt treppauf, treppab, aber ich konnte diese Höhlensiedlung zumindest aus der Ferne sehen und habe daher eine vage Vorstellung. Die Straße, die als Kulisse für einen James Bond-Film diente, die habe ich leider nicht gesehen, aber das beeinflusst weder den Film noch meinen Aufenthalt in Matera.
Jeder aus unserer Gruppe sehnt sich wohl nur nach Wasser und Meer. Nach ca. 90 Minuten Fahrt ist es endlich soweit und die Dusche bringt die Energie zurück, die wir zum Teil zum Koffer packen brauchen. Ja, die Zeit ist sehr schnell verflogen, trotzdem freuen wir uns beide auf daheim.
Überraschung, das Abendessen wird wieder am Pool serviert, spektakulär ist heute der Schwertfisch und am Grill liegen Teile vom Huhn. Alles wieder sehr verlockend. Eine kleine Portion Tintenfischpasta und Pofiterols machen mein Essen komplett, noch einen Drink zum Abschluss und ab ins Bett. Der Wecker ist auf 4:30 Uhr gestellt.
Arrivederci Apulien, ciao!
5. Juni 2022
Oh Gott, das gibt es nicht. Gegen 2 Uhr Früh rumort es in meinem Magen und das bleibt so, leider mit allen Begleitumständen. Ich glaub, es war die Pasta. Egal, wieder war es gut, dass ich die altbewährten Montanatropfen im Gepäck hatte.
Auf das Frühstückspaket kann ich eh verzichten, Hauptsache ohne Zwischenfälle nach Hause. Die Verabschiedung von Conny ist herzlich, ich habe sie wirklich ins Herz geschlossen.
Am Flughafen löst sich die Gruppe, die nie wirklich eine war, schnell auf und es zeigt sich, dass die Freundlichkeit der letzten Tage nur gespielt war …
Nach einem angenehmen Flug landen wir überpünktlich in Wien, Lufttemperatur ist warm, aber angenehm, die Koffer sind schnell da und jeder geht wieder seine Wege, dazu braucht es kein Auf wiedersehen und Alles Gute.
Wir freuen uns, dass wir die Abfahrtszeit unseres Wunschzuges erreichen. Super.
Danke, dass wir wieder gut daheim angekommen sind, alles o.k. ist und wir noch viele schöne Erinnerungen auf Bildern, in Gedanken und vor allem im Herz behalten dürfen.
Fazit
7. Juni 2022
Wir hatten eine sehr schöne und interessante Reise durch Apulien, den Süden Italiens. Zusammenfassend gibts hier noch mein persönliches Fazit, beeinflusst von Momentaufnahmen.
Reiseveranstalter
Das Programm von Prima Reisen für Apulien war für uns ausschlaggebend für die Buchung.
Schade, wir haben uns für eine ausgewogene Reise entschieden, Freizeit und Besichtigungsprogramm lt. unseren Wünschen und Bedürfnissen (ein Tag Besichtigung, ein Tag frei, usw.), evtl. noch den einen oder anderen Fakultativausflug. Vor Ort war alles nicht mehr ganz so individuell, die Ausflüge können nur im Gesamtpaket (kein Tag frei), alles oder nichts!
Prima Reisen als sehr guter Reiseveranstalter kann leider nicht das halten, was die örtliche Agentur vermasselt.
Hotel
Schöne Lage am Meer, die Unterkünfte nett, aber etwas unpraktisch. Viel zu wenig Ablageflächen, vor allem im Bad.
Der Speisesaal ist wenig charmant und bedientes Buffet muss man mögen (ich mag das nicht so gerne). Abendessen am Pool war dafür eine schöne Abwechslung. Die Qualität der Speisen sehr gut,
ebenso die Massage im Hotel-Spa. Danke Arianna.
Reiseleitung
Franco und Conny haben definitiv ihr Bestes gegeben und waren da, wenn wir sie gebraucht haben. Conny hat vor allem mit Hintergrundwissen gepunktet, auch ihre kulinarischen Tipps waren spitze. Danke auch für die Versorgung mit Heiß- und Kaltgetränken während der Fahrt.
Die vielen unterschiedlichen Gästewünsche mit einem Lächeln unter einem Hut zu bekommen – Gratulation. Ich hätte die Nerven nicht, schon gar nicht, wenn so viele vermeintliche Spezialisten im Bus sind.
Allgemein
Apulien ist in jedem Fall eine Reise wert. Die Städte sind unterschiedlich und jeder Ort hat seine eigene Geschichte, seinen eigenen Charme.
Die Flugzeit ist mit 1 Std. 10 Minuten von Wien ideal.
Gutes Straßennetz im Süden Italiens. Leider keine verlässlichen Öffnungszeiten, „Glücksspiel“ auch bei den Öffis.
Wenig Kriminalität im Süden Italiens.
Meine persönlichen Wünsche für Apulien
Rasche und dringende Problemösung gegen das Sterben der Olivenbäume.
Problemlösung Arbeitskräftemangel.
Geduld und Durchhaltevermögen bis zur Realisierung dieser Probleme.
Von Herzen alles Gute für die Menschen, die unseren Urlaub zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben. Vielen vielen Dank.
Geschichtliche Details gibt es in verschiedensten Ausführungen in Büchern und natürlich im Internet zu finden.
Ich freue mich, wenn ich euch mit meinen Erfahrungen den einen oder anderen Tipp geben konnte.
Bei Fragen kannst du mir jederzeit eine Nachricht zukommen lassen.
Kommst du bald mit in die Wachau? Ich freu mich schon.
Einen schönen Sommer wünsche ich. alles Gute und liebe Grüße
Eure Rena