Portopiccolo – wir entdecken die Schönheiten an der Küste Friaul-Julisch Venetiens
Mai 2025
Viel weiß ich nicht über Portopiccolo. Wir haben diese Destination gewählt, weil Ewald den Namen witzig fand und er sich den leicht merken konnte. Als wir dann mehr Informationen über diesen Ort
gesammelt hatten, haben wir beschlossen, dass sich Portopiccolo für ein paar Tage Erholung, in einem Jahr eines besonderen Geburtstages, ganz gut eignet.
Was wissen wir wirklich über den vermeintlichen Geheimtipp an der italienischen Riviera? In kaum einem Reiseführer findet er Erwähnung und ich muss mich auf das verlassen, was wir im Internet
finden können.
Grundsätzlich bin ich auch im Urlaub gerne sehr aktiv, bin kein Freund vom „Nur-Rumliegen“ und mich bedienen lassen, aber für ein paar Tage wird es auszuhalten sein und wie gesagt, vorm
besonderen Geburtstag darf es ein bisschen luxuriöser sein und ein bisschen mehr Erholung. Wenn es mir wirklich zu langweilig wird, kann ich im Nu im ca. 20 km entfernten
Triest sein und dort habe ich schon viel mehr und ganz andere Möglichkeiten.
Portopiccolo in Sistiana bei Triest, errichtet als Luxusdorf für Betuchte, inkl. einer Marina mit über 120 Liegeplätzen für Boote und Yachten, fertiggestellt nach höchsten
Baustandards im Sommer 2015, verspricht Anlegern und Urlaubern ein mediterranes Märchen und fantastischen Renditen. Die Betreiber der Hotelanlage schlittern damit allerdings direkt in eine Pleite und
müssen das Resort auf richterliche Anordnung 2023 verlassen. Offene Forderungen in Millionenhöhe müssen beglichen werden.
Die internationale Kette Minor Hotels springt ein, übernimmt das Resort und bietet den Gästen das ganze Jahr über Meer und Ruhe in einer eleganten und autofreien
Umgebung, einer natürlichen Landschaft, die mit nachhaltiger Architektur verschmilzt.
Ein ansprechendes Angebot.
Wir freuen uns auf wunderbare italienische Küche, direkten Meerzugang und Sonnenuntergänge über dem Meer.
Unserer Vorbereitungen für den Urlaub in der Region Friaul-Julisch Venetien, einem Gebiet, das auch reich an Geschichte ist, haben begonnen.
Ich habe bereits einen „Donut“-Schwimmring zum Seele baumeln lassen am Meer gekauft und, weil wir die langen Zugfahren aufgrund der Bewegungsmöglichkeiten während der Fahrt schätzen, auch schon
Zugtickets gelöst und Sitzplätze reserviert. Bald geht’s los. Sei gerne wieder dabei.
Der Countdown läuft, die Vorbereitungen haben begonnen. Mein Wasser-Donut macht mir Sorgen, er lässt sich ohne Hilfsmittel gar nicht aufblasen und da muss ich mir noch etwas einfallen lassen, die
schon in die Jahre gekommene Sonnenmilch haben wir durch einen neuen Sonnenschutz ersetzt. Ja, es geht schon in die Details. Wir beobachten die Wetter-Apps, vielleicht fahren wir schon ein paar Tage
früher, je nach Wetter denken wir an Kärnten, oder sollen wir gleich bis Triest fahren? Überlegungen gibt es viele, manche Orte bzw. Hotels sind schon ausgebucht. Hm? Schauen wir mal was, sich
ergibt.
Hurra, Wasserspaß ist gesichert. Endlich ist Luft im Donut und das war gar nicht so einfach. Zum Glück gibts liebe Kolleginnen mit guten Tipps. Danke Maria.
Auch die Entscheidung für die Tage vorher ist getroffen. Triest ist einen längeren Besuch wert und das bietet sich jetzt an. Also ab nach Triest. Linz - Leoben - Udine - Triest.
Die Vorfreude steigt.
Es war gar nicht leicht, ein Hotel mit Außenpool in einer Stadt am Meer zu finden, aber auch da haben wir nicht aufgegeben und ein Zimmer in einer alten Villa gebucht, mit schönen alten Bäumen
rund um einen kleinen Pool. Fast romantisch. Das passt normalerweise gar nicht zu mir.
Entwedert der Vollmond oder die Bilder und Nachrichten vom dramatischen Amoklauf in Graz oder beides haben mir den Schlaf geraubt und ich war wach, noch bevor der Wecker geläutet hat. Egal! Ich
kann langsam in den Tag starten. Frühstücken wollen wir im Zug, also nur Morgentoilette, anziehen und fertig. Soll ich den fast fertigen Pullover mitnehmen und die letzten Reihen auf der Fahrt
stricken und zusammennähen? Nein, bei den prognostizierten Temperaturen brauche ich keinen Pulli.
Meine Kleidung hängt bereits vorbereitet am Kleiderständer, grüne Leinenhose, schwarzes T-Shirt, weiße Jeansjacke. Irgendwie passt das heute nicht und ich suche in Ruhe eine Alternative, in der ich
mich wohlfühlen werde. Noch die Zahnbürste in den Koffer und ich bin fertig. Ui, der Koffer ist wieder sehr schwer geworden, auch viele leichte Dinge summieren sich.
Mittlerweile ist auch Ewald aufgestanden und flitzt herum. Mir fällt auf, dass der Geschirrspüler noch auszuräumen ist, geht mich aber nichts an. Ich gehöre zu den Frauen, für die dieses Gerät tabu
ist, angeblich habe ich kein oder zumindest das falsche System bei der Befüllung. Auch recht. Mein Mann ist heute auch für die Jause zuständig und hat bereits Platz dafür in seinem Rucksack gemacht.
Ich denke, wir haben alles erledigt, Jalousien bleiben unten, Müll ist entsorgt. Es kann losgehen.
Das für 05:15 Uhr bestellte Taxi steht schon vor dem Haus, ein unfreundlicher Fahrer verstaut unsere Koffer im Wagen und wir starten wortlos Richtung Bahnhof.
„Jetzt weiß ich, was ich vergessen habe, höre ich eine Stimme vom Beifahrersitz, „ist aber egal.“ Interessant! Na gut, haben wir halt nur Brot und Wasser, der Schinken braucht keinen Urlaub und
ist im Kühlschrank geblieben, zumindest korrekt verpackt und haltbar bis zu unserer Rückkehr.
Ich staune über die Unterschiedlichkeit der Routen, die die einzelnen Taxifahrer zum Bahnhof finden. Unser heutiger Morgenmuffel scheint einen riesigen Umweg zu machen, aber schlussendlich sind wir
gut und pünktlich angekommen. Der Zug steht schon bereit, Ewalds leise Hoffnung auf einen bereits geöffneten Bahnhofsupermarkt lösen sich umgehend in Luft auf.
Die ÖBB gönnt uns offensichtlich eine Fahrt in einer der ältesten Zuggarnituren. Kein WLAN, keine Fußstütze, kein Platz für Reisegepäck. Zum Glück wenig Fahrgäste und wir können es uns gemütlich
machen. Ruhig gleitet der Zug durch die herrlich grüne Landschaft und pünktlich kommen wir in Leoben an. Hier ist unser 1. Umstieg. Super, wir brauchen den Bahnsteig gar nicht wechseln. Ewald sucht
den Wagenstandsanzeiger und ich sehe schon, da passt was nicht. Allgemein spüre ich aufkeimenden Unmut. Der Zug hat augenblicklich ca. 110 Min Verspätung, ein medizinischer Notfall wird als Grund
genannt. Kann man nichts machen. Es ist warm, der Bahnhof in Leoben ist sauber und beherbergt einen Supermarkt. Was wollen wir mehr. Wir füllen unsere Vorräte auf, machen eine technische Pause und
warten auf die Weiterfahrt. Witzig, wie verschieden die einzelnen Reisenden auf die Verspätung reagieren. Statt um 08:26 Uhr gehts voraussichtlich un 09:58 Uhr weiter.
Im Railjet ist es viel angenehmer, Zeit für Podcasts, Hörbuch und Musik, während die schöne Gegend an mir vorüberzieht.
Die Anzeigen am Monitor sind kryptisch und ungenau, aber tatsächlich haben wir etwas Verspätung aufgeholt. Super!
Wir kommen irgendwann nach 14 Uhr in Udine an und sehen gleich, es gibt weder Rolltreppe noch Lift am Bahnsteig. Während ich gleich mit dem Koffer über die alte Treppe stolpere, fragt Ewald
beim Zugführer nach dem Gleis Richtung Triest. Perfekt, wir sind schon richtig und ich schleppe mich wieder zurück und wir steigen in die wartende Bahn ein. Komisch, die Leute steigen ein und aus,
der Zugführer telefoniert und alles in allem kann ich eine hitzige Debatte in italienischer Sprache erleben. Ja, so muss Italien sein. Während ich mich noch leicht amüsiere, wird klar, dieser Zug
fällt aus und alle Passagiere müssen den Zug verlassen. Wird nicht so lange dauern, denke ich mir, aber falsch gedacht.
Irgendwann stehen wir fast alleine am Bahnsteig, eine junge Dame, die wir in diesem Kuddelmuddel kennengelernt haben, ist genauso planlos wie wir. Die elektronische Anzeige informiert, dass unser
Zug gecancelt ist, der nächste in ca. 45 Min abfährt. Genügend Zeit also, dass wir uns um unser leibliches Wohl kümmern. „Bitte bring uns einen kleinen Espresso“ richte ich meine Worte an Ewald, „
ich bleibe hier bei den Koffern.“ Nach wenigen Minuten taucht er auch schon mit 2 Pappbecher wieder auf. Unser erster italienischer Espresso in diesem Urlaub. Irgendwie hatte ich eine andere, eine
gemütlichere Vorstellung davon. Der Preis ist moderat, EUR 1,40 pro Becher.
Zur Toilette ist es eine kleine Weltreise, 1x runter, 1x rauf und dann ganz nach hinten. Sauber schaute es aus, und nachdem ich EUR 1,00 für die Benutzung bezahlt habe, kann ich mich von der
Sauberkeit überzeugen. Eine Italienerin sieht mich fragend an „pagare?“ „Si signora“ antworte ich, sie dreht dann um, will keine Münze von mir annehmen, schimpft leise und wir verlieren uns aus den
Augen.
Am Bahnsteig tut sich noch nichts. Es ist 14:45 Uhr, als 2 Bahnbedienstete geschäftig zum Fenster des Lokführers treten, aber da ist keiner und sie beginnen zu diskutieren, telefonieren,
beruhigen aufgebrachte potentielle Fahrgäste und nach wenigen Minuten wird der Zug weggefahren, ein anderer bereitgestellt und wir dürfen einsteigen. Leicht verspätet setzen wir unsere Fahrt um
15:14 Uhr zügig fort. Eine gute Stunde Zugfahrt liegt jetzt noch vor uns. Ich freue mich auf Beine hochlagern, Ristorante, mangare …
In Triest erwartet uns ein moderner Bahnhof, der allerdings zum Teil auch schon wieder eine Baustelle ist. Wie auf Bestellung steht ein weißes Taxi vor dem Bahnhof und es scheint auf uns zu
warten. So ein witziges Kerlchen der Fahrer, schimpft über den Fahrstil der Italiener, schwärmt von Maria Theresia und Österreich generell und dann kommt er ganz plötzlich auf den Amoklauf in
Graz zu sprechen, aber nur kurz bringt er das Thema auf den Punkt, eine furchtbare Tragödie, für die man keine Worte findet, und dann schwärmt er weiter von unserer ehemaligen Kaiserin.
Im familiengeführten Hotel Villa Bottacin werden wir in deutscher Sprache begrüßt, bekommen alles erklärt und auch unsere Fragen werden
schnell beantwortet.
Der Garten der Villa ist wirklich zauberhaft und wir machen kurz ein paar Fotos, bevor wir ins Zentrum spazieren. Mit einer Dose Cola versuche ich meine Lebensgeister zu wecken, dann kaufen wir ein
Bus-Tagesticket um EUR 3,35/Person und fahren an die Mole, zu Fuß ist es doch etwas weit und der Retourweg steil. Die Suche nach einem Restaurant ist gar nicht so leicht, dort gibts nur Getränke, da
nur Kleinigkeiten und manche Lokale öffnen erst am Abend. Eine kleine Pizzeria macht einen guten Eindruck, der Kellner ist bemüht und ich bekomme sogar eine Pizza ohne Käse. Grazie.
Ich bin sehr müde, als wir endlich im Hotelzimmer ankommen. Gute Nacht.
Herrlich! Schon lange habe ich nicht mehr so gut geschlafen wie heute und ich bin richtig glücklich drüber. Weniger glücklich macht mich die Tatsache, dass ich meine Euthyrox daheim in den
falschen Kulturbeutel gegeben habe. Langsam werden wir alt, verwirrt und vergesslich.
Auf der Terrasse ist für das Frühstück gedeckt, ich kann das schon vom Zimmer aus sehen und freue mich drauf. Alles, was mein Herz begehrt, ist da. Eine Standardauswahl wird automatisch an jeden
Tisch gebracht, dazu gehören eine kleine Platte mit Salami, Prosciutto, Schinken und Käse, ein Teller mit Gurken, Tomaten und Mozzarella, Gebäck, liebevoll geschnittener gemischter Obstsalat mit
Ananas, Erdbeeren, Melone, Heidelbeeren und auch Orangensaft. Bei den Getränken stehen natürlich Kaffee und Tee zur Auswahl, der Gast am Nachbartisch hat Prosecco geordert, also sehr individuell.
Cerealien, Butter, Marmelade, Nutella, Kuchen und süßes Gebäck stehen am kleinen Buffet zur Verfügung. Ich bestelle 2 Spiegeleier, die rasch und super zubereitet serviert werden. Wir haben einen
ausgezeichneten Eindruck von diesem kleinen Hotel.
Höchste Zeit, die Stadt weiter zu entdecken. Mit einem Bus der Linie 9 (an unserem Standort empfehlen sich Busse Linie Nr. 6 und Nr. 9 für Fahrten ins Zentrum) gelangen wir an unseren
gewünschten Ausgangspunkt für heute. Eine nette Italienerin sieht uns im Bus über die optimalste Ausstiegsstation diskutieren, gibt uns umgehend Tipps, macht Komplimente, das macht den Tag gleich
schöner.
Wo könnte ich vielleicht meine fehlenden Tabletten kaufen? Ich brauche nicht lange nach einer Apotheke suchen und bin mehr als überrascht, als mir der Apotheker ohne weiteres eine Packung meines
benötigten Medikamentes aushändigt und einen sehr geringen Preis dafür verlangt. Danke. Perfekt.
Wir schlendern relaxt den Kanal entlang, bewundern den herrlichen Baustil, die reichen Verzierungen, lesen bei dem einen oder anderem Gebäude im Reiseführer nach und gelangen dann, vorbei an der
Statue vom berühmten irischem Schriftsteller James Joyce, auf einen kleinen Platz, an dem wir schon aus der Ferne eine ziemlich neue Skulptur in Form einer nicht ganz vollständigen Münze sehen. Was
ist das? Vielleicht die letzte Lira, der letzte Schilling? scherzen wir.
Wir liegen gar nicht so falsch. Auf der Münze wird das Bildnis von Maria Theresia gezeigt und ich denke mir, wie sehr sich die Kaiserin freuen würde, wenn sie wüsste, wieviele „Fans“ sie auch noch im
21. Jahrhundert verehren und als Vorbild sehen.
An der Mole begegnet uns die Statue von Josef Ressel, dem Erfinder der Schiffsschraube. Ich denke an unsere schönen Schiffsreisen und beobachte dabei ein bisschen sehnsüchtig einen
3-Master, der schon seit gestern in Hafennähe ankert.
Coffeetime! Ewald hat ein bei Einheimischen beliebtes Traditionskaffeehaus entdeckt, das Caffè Stella Polare. Ein kleiner Tisch wird dort gerade frei und wir genießen eine gemütlich Pause und
nutzen die Zeit, um die nächsten Stunden zu planen. Heute wollen wir mit der Tram di Opicina fahren, der historischen Straßenbahn, die bereits seit dem 9. September 1902 mit Unterbrechungen in
Betrieb ist und das Triester Stadtzentrum mit Opicina im Karst verbindet.
Beschrieben wird die Bahn als eine Mischung zwischen Straßen- und Standseilbahn, sie gehört zu den Triester Verkehrsbetrieben und überwindet im Laufe der gesamte Fahrt von ca. 5 km einen
Höhenunterschied von ca. 325 Metern. Die Bahn vereint technisch 2 Arten der Mobilität, eine auf dem Gleis, die andere als Standseilbahn und damit ist die Tram di Opicina technisch einzigartig. Wir
freuen uns auf dieses Erlebnis und schlendern nach unseren kleinen Pause direkt zur Station. Wenige Leute warten schon, eine freundliche Dame zeigt uns auf dem Fahrplan die nächste Abfahrtszeit,
rasch kommen weitere Fahrgäste dazu und jeder scheint sich zu freuen, als sich die Bahn überpünktlich in Bewegung setzt. Es ist für mich ein bisschen wie eine Fahrt mit der Linzer
Grottenbahn.
Manche erschrecken, aber ich bin bereits durch verschiedene Reiseunterlagen gut informiert und weiß, dass die Bahn beim Wechsel in den Standseilbahnmodus planmäßig, auf einem Parallelgleis,
einige Meter rückwärts fahren muss.
Sollen wir bis zur Endhaltestelle oder nur bis zum Obelisk fahren? Es ergibt sich, dass wir die kurze Differenz der beiden Punkte mit der Tram zurücklegen, den Obelisken später besuchen und uns dabei
über die herrliche Aussicht auf Triest freuen dürfen.
Als Alternative würde sich für die Retourfahrt nach Triest auch ein Linienbus anbieten, aber wir bevorzugen die Tram, die schon in die Station einfährt. Ein Paar besetzt insgesamt 8
Sitzplätze und lässt uns so gut wie keine Chance, uns auch zu setzen. Ganz frech schaffe ich es trotz des Widerstands der beiden, während Ewald sich tatsächlich eine Alternative suchen muss.
Ich wundere mich über den Egoismus des Paares, möglicherweise Schweizer, und beobachte umso intensiver die technischen Vorgänge. Bevor der 800 Meter lange Steilstreckenabschnitt beginnt,
kommt eine Art „Bremswagen“ vor die Tram und dann könnte es losgehen, tut es aber nicht. Die Gäste werden langsam unruhig, ändert aber nichts und endlich geht’s los nach unten. Oh, das schaut steil
aus, es sind max. 26 % Steigung und der Fahrer fährt mit Liebe und Bedacht, das merke ich aus meiner Position ganz deutlich. Gut geschafft. Nur noch der Wechsel über das Parallelgleis und im
Nu sind wir wieder am Ausgangspunkt. Hm? Die Bahn steht und steht, die Zeiger der Uhr laufen, manche Herren beginnen durch den Waggon zu gehen, sprechen mit dem Fahrer, das bringt
natürlich niemanden weiter. Ein Schienentechniker kommt mit schwerem Werkzeug und jetzt sehe ich das Problem - die Weichen können nicht korrekt gestellt werden und auch der Techniker kann nichts
ausrichten. Nach ca. 30 vergeudeten Minuten kommt die Erlaubnis, dass alle Gäste die Tram verlassen dürfen bzw. sogar müssen. So ist das halt und wenn man eine Reise tut, dann kann man was
erzählen.
Wir bummeln zurück ins Zentrum mit Fokus auf ein Restaurant und Mittagessen. Scheinbar hat die Mittagsruhe schon begonnen und wir haben fast nur noch Chance auf gute Küche ab 19 Uhr und das ist
mir definitiv zu spät. Wir entscheiden uns für einen Einkauf in einer Filiale des Supermercatos Despar und machen es uns im Hotel gemütlich, nutzen den Garten und Ewald springt sogar zur Abkühlung in
den Pool.
Ein paar Dinge beobachte ich seit der Ankunft und das möchte ich hier auch erwähnen.
1. Es gibt hier sehr viele Hunde und manche Hundebesitzer haben gleich 2 oder sogar 3 der beliebten Haustiere. Oje, gar nicht meins.
2. es wird weit mehr geraucht, als ich dachte
3. im Bus überlässt kaum jemand seinen Sitzplatz einer älteren oder gebrechlichen Personen, am ehesten noch einer Mutter mit Kind
4. Frauen sind allgemein hilfsbereiter als Männer und supporten oft ungefragt
Ein schöner Tag, ein ruhiger Abend.
Ciao, bis morgen.
Hurra, die Sonne lacht wieder vom Himmel und wir freuen uns auf einen weiteren schönen Tag in Triest.
Die Hafenstadt mit ca. 200.000 Einwohnern liegt unmittelbar an der Adriaküste am Golf von Triest und ist geprägt von Palästen und
Kaffeehäusern. Triest ist eine kosmopolitische Stadt, die deutlich an Wien und die Habsburger Vergangenheit erinnert.
Die Stadt ist auf drei Seiten vom Karst umgeben, einem Gebirge, das mit weißen Kalkfelsen und Grünflächen herrliche Kontraste zaubert.
Heute wollen wir uns ausgiebig Zeit nehmen für einen entspannten Spaziergang durch diese wunderbare Stadt.
Wir steigen in einen Bus der Linie 9, fahren wieder bis zur Piazza della Repubblica, bummeln den Canal Grande entlang und durch die Via Roma zum Piazza della
Borsa. Am Weg freuen wir uns über kleine Szenen, wie z.B. über eine junge Signora, die im fahrenden Auto bei offenem Fenster leidenschaftlich mitsingt, über lautstarke emotionale Telefonate vor
den Kaffeehäusern oder anderen hitzigen Diskussionen. So muss Italien sein, das ist die Atmosphäre, die ich mir wünsche.
Ewald will den Vormittagskaffee in einem der vielen historischen Cafés genießen und wir steuern Richtung Caffè Tommaseo, warten an der Tür, dass uns jemand zum Tisch führt, einige Gäste
sind bereits da, aber es kommt niemand, stattdessen können wir Personal beim Staubsaugen beobachten. Na gut, dann nicht, es muss ja nicht das Tommaseo sein. Wir bummeln weiter zum Herz der Stadt, der
Piazza dell‘Unita d‘Italia, der Einigung Italiens gewidmet. Der wunderschöne Platz ist flankiert von reich verzierten Palästen, der heute offenbar von mehrere Schulklassen zum Ausflugsziel
erkoren wurde. Mein Mann weiß genau, wohin er will. Mich begeistern die weißen Sonnenschirme unter den Flaggen vom Palzzo Stratti und genau dort befindet sich das
Caffè degli Specchi. Schön ist es hier, wir warten nicht lange, werden freundlich in Empfang genommen und zu einem
schattigen Tisch begleitet. Später ergeben meine Recherchen, dass das Kaffeehaus 1839 eröffnet wurde und von jeher als Salon von Triest gilt. Es ist das einzig noch verbliebene der vier Cafés, die
einst den Platz beherrschten, der sich damals Piazza Grande nannte. Im Caffè degli Specchi trafen sich Kaufleute,
Intellektuelle und Offiziere, außerdem war es wegen der Konzerte, die hier unter dem Debütanten Franz Lehar aufgeführt wurden, sehr beliebt. In der zweiten Nachkriegszeit wurde es zum Hauptquartier der britischen Kriegsmarine.
Wir bestellen 2 kleine Espressi, ein Glas Wein gespritzt und und für mich einen Prosecco-Cocktail mit Früchten. Serviert wurde zu unseren gewünschten Getränken zusätzlich ein verschlossenes Glas
Chips, ebenfalls verschlossen ein Glas mit Erdnüssen und für jeden von uns jeweils 3 Amuse-gueules, eine Art Appetithäppchen und 2 kleine Gläschen Kakao (oder so). Wir wollten das alles nicht,
erklärt jetzt aber den Preis der Getränke und es war uns auch nicht ganz klar, um welche Speisen es sich dabei handelt. Ein Foto müssen wir davon natürlich sofort machen und während wir uns noch über
dieses Angebot wundern, kommen wie aus dem Nichts 2-3 Tauben im Sturzflug angeflogen, noch ein paar hinterher und zupfen an meinem Brötchen, aber nicht lange, dann kann ein Vogel mit dem Schnabel das
ganze Brötchen erwischen und fliegt damit weg. Der Kellner saust mit einem Besen zum Tisch und versucht die Tauben zu verscheuchen, gleichzeitig kommen von den Gästen rechts und links Tipps, die
Tiere vom Essen abzuhalten. In der Landessprache wollen sie mir zu verstehen geben, dass ich die Serviette über den Teller legen soll. Alles geschieht in Windeseile, die Vögel, der Kellner mit dem
Besen, die schreienden Tischnachbarn. Ich bin verängstigt und will nur, dass das Essen von unserem Tisch genommen wird. Der Kellner versteht zwar nicht ganz, warum ich das will, serviert dann aber
umgehend ab. Die Dame am linken Nebentisch, die übrigens mit ihrer Handarbeit beschäftigt war, erklärt dann in englischer Sprache, dass die Vögel hier sehr frech sind (auf den Tischen befinden sich
übrigens sogar Aufkleber mit Warnungen) und nur eins hilft, Speisen zudecken. Na gut. Heute habe ich diese Vogelattacke überstanden, ich freu mich über die Chips und den Cocktail und kann den
Besuch im Caffè degli Specchi doch noch genießen.
Eins verstehe ich bis jetzt nicht. Auch andere Gäste bekamen Häppchen, aber kein Tisch wurde so frech attackiert wie unserer. Ein größerer Vogel hat sich vom Tisch vor uns ein Brötchen
gestiebitzt, mehr diebische Aktionen gab es während unserer Anwesenheit allerdings nicht. Ich wollte so gerne ein Foto davon machen, aber es ist mir aus Mangel an Möglichkeiten leider nicht gelungen
und wahrscheinlich hätte ich nie so schnell reagieren können.
Wir schlendern weiter zum Hafen, erkennen in der Ferne das weiße Profil von
Miramare, dem romantischen Schloss von Maximilian und Charlotte von Habsburg, beobachten die Schiffe und sind bereit fürs Mittagessen. Heute passiert es uns nicht mehr, dass wir nichts
bekommen oder bis 19 Uhr warten müssen.
Unsere Hausherrin hat uns ein gutes Fischlokal in der Via Luigi Cadorna empfohlen, das Da Angelina, das wollen wir ausprobieren. Es schaut unspektakulär aus, außer einem jungen
deutschen Paar mit einem Kleinkind sind noch keine Gäste anwesend.
Nein, leider, wir haben nicht reserviert, antworten wir dem jungen Kellner. Er blickt etwas überfordert durch den Raum und bietet einen kleinen Tisch an, den ihm Ewald eigentlich schon
vorgeschlagen hat.
Das Lokal ist sehr originell, die Wände sind mit Notizen und Unterschriften von Gästen geschmückt, von der Decke hängt ein Stuhl, …
Wir bestellen marinierte Sardinen und gegrillte Calamari und es schmeckt wunderbar und ist auch gut verträglich. Mittlerweile sind weitere Gäste angekommen, Einheimische, die die Küche im Da
Angelina offensichtlich auch schätzen.
Sicherheitshalber will ich die Chance nutzen und die Toilette benutzen. Aha, sie befindet sich hinter einem roten Vorhang und lässt nichts Gutes erahnen. Wir kennen ja die italienische
Toilettensituation aus vorherigen Urlauben und ich müsste eigentlich nicht überrascht sein. Eine Toilette für alle, keine WC-Brille, eine Kette, die den Spülkasten entleert und unter dem Waschbecken
ein Fußpedal, der das Wasser zum Laufen bringt und insgesamt ist die Toilette alles andere als sauber. Nur eins zählt, Augen zu und durch und den Ort so ordentlich wie möglich verlassen. Das Bild ist
nicht stimmig, im Gastraum haben sich ausschließlich Geschäftsleute eingefunden und dann dieses WC.
Wohin wollen wir jetzt? Das Teatro Romano liegt ganz in der Nähe, hinter der Piazza Unità d'Italia. Das wollen wir sehen.
Das Teatro Romano stammt aus dem 2. Jh. und ist ein monumentales Zeugnis römischer Architektur und Kultur. Mit einem Fassungsvermögen von 3.500 bis 6.000 Zuschauern (je nach Quelle) spiegelt das
Bauwerk den Glanz und die gesellschaftliche Bedeutung des Theaters im Leben der Römer wider. Leider kann das Areal nicht besichtigt werden, außerdem ist die Hälfte des römischen Theaters derzeit
Baustelle und mit Planen abgedeckt.
Am Weg zum Teatro Romano bewundern wir die imposante Wallfahrtskirche Santa Maria Maggiore. Über eine Treppe könnten wir zur Kirche gelangen, aber in der Mittagshitze ist mir das heute zu
anstrengend und außerdem brauche ich auch beim nächsten Triest-Besuch noch nicht besuchte Sehenswürdigkeiten.
Wir nehmen noch einen kleinen Espresso (mit Tauben nur auf leeren Tischen) und fahren retour ins Hotel, wollen dort an einem schattigen Plätzchen den Garten genießen.
Da habe ich wohl die Rechnung ohne die neuen Gäste gemacht. Mit Badetuch, Handy und Kopfhörer gehen wir direkt zum gestrigen Platz und da höre schon Gebell von einem kleinen, auf mich
zulaufenden Dackel. Ja super! Im gebrochenen Englisch erklärt mir die Hundehalterin, dass er eh nichts tut. Nichts anderes hab ich erwartet. Waldi bellt weiter, er zeigt sich nicht sehr folgsam, ein
Zeichen für mich, mir besser auf der Terrasse ein Plätzchen zu suchen. Es dauert nicht lange, kommt ein weiterer Gast mit einem flauschigen Vierbeiner. Die beiden wissen sich aber zu benehmen und
Flauschi ist an der Leine. Es stellt sich heraus, dass Waldi und seine Besitzer unangemeldet im Hotel aufgetaucht sind (weil es eben als hundefreundlich gilt und anderswo schwierig war), die
Hunderegeln auch noch nicht kannten, aber das war egal, er folgt sowieso nicht. Es ist meine große Schwäche, aber ich kann leider in so einer Gesellschaft nicht relaxen und habe den restlichen Tag im
Zimmer mit Trödeln verbracht. Morgen reisen wir weiter und alles ist gut.
War wieder ein Erlebnistag in Triest, der Stadt des Kaffees. Typische Triestiner trinken im Schnitt pro Jahr 1500 Tassen Kaffee. Das ist etwa die doppelte Menge, die sonst in Italien
getrunken wird.
Jetzt freue ich mich schon auf Erholung und Meer.
Ciao!
Rena
Hundebesitzer brauchen wohl keinen Schlaf. Bis 1 Uhr früh hat sich das Paar unterhalten, hat Waldi bespaßt und mir damit den Schlaf geraubt. Ich bin nicht traurig, dass wir heute abreisen, genieße
nochmals das liebevoll zubereitete Frühstück und dann dürfen wir auf das bestellte Taxi warten. Ciao Villa Bottacin, ciao
Triest.
Der Taxifahrer gleicht einem alternden Gigolo, allerdings einem mürrischen. Aber er bringt uns unfallfrei und gut zum Busbahnhof, also passt das für mich. Der Fahrplan hat uns verraten, dass wir
Bus 51 nach Portopiccolo, bzw. Nehmen müssen und siebenarmig, da steht ein 51er zur Abfahrt bereit. Wir laufen zum Einstieg, aber es wäre für uns der falsche Bus. Der Fahrer fährt nur innerstädtisch,
erklärt aber sehr freundlich wohin wir müssen und informiert und verrät, dass uns nur Bus G 51 zum Ziel führt. Na gut, wir betreten den Busbahnhof, ein älteres düsteres Gebäude mit vielen
Anzeigetafeln und einigen Touristen, die ratlos herumirren. Ewald stellt sich glücklicherweise gleich in der richtigen Reihe an, kauft 2 Einzelfahrttickets zu je EUR 3,25, wir folgen den Pfeilen, die
angeblich oder vielleicht zum richten Bus führen und kommen in eine Busgarage, in der gerade ein FlixBus die Leute aufnimmt bzw. in der auf andere Busse gewartet wird. Ganz sicher scheint sich keiner
zu sein, ob er an der richtigen Stelle wartet. Wir entdecken einen Fahrplan, den wir studieren und sind erleichtert, dass tatsächlich Portopiccolo gelistet ist.
Es dauert nicht lange, fährt Bus G 51 in die Garage ein, am Steuer eine zarte junge Frau, eine offenbar nette Person, die uns bestmöglich erklärt, wann und wo wir nach ca. 25 Minuten aussteigen
müssen und dann geht die Fahrt auch schon los. Wir fahren der Küste entlang und das ist heute Samstag kein Spaß. Alle Parkplätze, die vorwiegend parallel zur Straße zur Verfügung stehen, sind belegt
und wenn ein Wagen ausparkt, warten gleich mehrere Fahrer auf die Chance einzuparken, schließlich will jeder ins Meer, jeder will den heißen Sommertag genießen. Unserer Fahrerin beweist Geduld und
bleibt dabei sehr freundlich. Als wir gerade diskutieren, ob die nächste Station schon unsere Ausstiegsstelle ist, weist sie drauf hin uns fertig zu machen, weil wir gleich am Ziel sind, der
Station Borgo S.Mauro Ss14 (Portopiccolo).
Und da stehen wir jetzt, direkt an der Schnellstraße und ich komme mir vor wie in einem schlechten Film. Zum Glück gibt es eine Unterführung und wir machen uns auf dem Weg zur Unterkunft und
haben Spaß mit der Situation und uns selbst.
Ah, da vorne ist ein Gebäude mit einem Büro, da fragen wir mal nach. Nein, erklärt uns der Herr, da können wir nicht weiter, wir sollen umdrehen und und und. Ewald erklärt mehrmals, dass wir mit
dem Bus gekommen sind, kein Auto zur Verfügung haben und dann erlaubt er uns, die Straße, die nur für Leute in der Residenz zur Verfügung steht, zu benutzen. Zuerst bin ich froh drüber, als die
Straße aber zunehmend steiler wird, ich den Koffer kaum noch halten kann, werde ich skeptisch. Irgendwann haben wir es geschafft und wir stehen in der Hotellobby, müde und verschwitzt. Leider ist
unser Zimmer noch nicht fertig, das ist aber um 11:30 Uhr völlig in Ordnung und wir stärken uns mit einem kleinen Espresso, erkunden die Anlage und gegen 14 Uhr beziehen wir das gebuchte Zimmer und
sind etwas enttäuscht. Aufgrund von mehreren Hochzeitsfeierlichkeiten ist alles ausgebucht und morgen erst könnten wir in ein Balkonzimmer umziehen. Als Ersatz haben wir einen Upgrade in ein größeres
Zimmer bekommen. Haha, wozu brauche ich das? Eine schöne Terrasse wäre mir lieber gewesen, aber ich hab ja den Strand, denke ich mir, und lass es gut sein.
Das Meer ist herrlich, der Beachclub ebenfalls - jetzt kann die Erholung beginnen. Der Concierge bietet an, uns einen Tisch fürs Abendessen zu reservieren, weil eben auch die Restaurants total
voll sind heute am Abend. Im Nachhinein muss ich mich herzlich bei ihm bedanken, er hat einen super Job gemacht. Wir wurden in der Trattoria Pizzeria L'Oro di Napoli herzlich empfangen, haben
einen sehr netten Tisch zugewiesen bekommen und das Essen war wunderbar. Ich hab den Octopussalat genauso genossen wie den Schwertfisch. Das Personal in dem Lokal ist jung, witzig uns flink, wir
hatten Spaß mit denen und, weil es so ein schöner Tag war, habe ich mich noch zum Kauf einer Bluse hinreißen lassen.
Ich freu mich und ein paar unbeschwerte Tage in Portopiccolo, werde wirklich relaxen und erst dann wieder berichten, wenn Unternehmungen anstehen. Bis bald. Lass es dir gut gehen. Spätestens auf
der Heimfahrt werde ich wieder unsere Erlebnisse mit euch teilen.
Arrividerci.
Rilke-Weg, Rückfahrt - bald geht's weiter.